Seit einigen Jahren werden immer mehr Projekte, gerade auch im Kunst- und Kulturbereich – und somit auch Fotoprojekte – durch Crowdfunding finanziert.
Crowdfund kommt von englisch crowd für “(Menschen-)Menge”, und funding für “Finanzierung” und wird selten auch als Schwarmfinanzierung bezeichnet. Mit dieser Methode der Geldbeschaffung lassen sich Projekte, Produkte, die Umsetzung von Geschäftsideen und vieles andere mit Eigenkapital oder Eigenkapital ähnlichen Mitteln versorgen. Die Kapitalgeber sind eine Vielzahl von Personen – in aller Regel bestehend aus Internetnutzern, da zum Crowdfunding meist im World Wide Web aufgerufen wird.
Im Oktober 2003 startete der Musiker und Produzent Brian Camelio die Internet-Plattform ArtistShare als Reaktion auf die Entwicklungen des Raubkopierens und die Bestrebungen der Musikindustrie für ein digitales Rechtemanagement. Die Website ermöglichte es Musikern, das Geld für die Produktion eines Albums zu erhalten, bevor es veröffentlicht wurde. Als SellaBand im August 2006 in Europa startete, galt es, je 50.000 US-Dollar für Musiker und Bands mit der Hilfe sogenannter Believer zu erreichen, um ein Album zu produzieren. Bereits am 2. November 2006 hatte die Band Nemesea 528 Unterstützer zusammen und konnte so ihr Album “In Control” aufnehmen.
2009 wurde in den USA die Crowdfunding-Plattform Kickstarter.com gegründet. Bereits über 10.000 Projekte sind 2010 hierüber finanziert worden. 2015 waren es bereits 86.000 Projekte mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 1,8 Milliarden US Dollar – vordergründig im Bereich Kunst und Kultur, aber auch Lebensmittelhersteller, Modedesigner und Erfinder haben hier ihren Platz gefunden. Eine Gewinnbeteiligung gibt es bei Kickstarter nicht. Die Initiatoren versuchen meist mit einem Video von sich oder dem Projekt zu überzeugen.
Nach dem gleichen Vorbild sind mit Indiegogo und RocketHub weitere Crowdfunding-Plattformen online gegangen. Startnext ist die größte Crowdfunding-Community im deutschsprachigen Raum für kreative Ideen und Projekte. 2010 haben Denis Bartelt, Fotograf und Gründer der Software-Agentur tyclipso.net und Tino Kreßner, Filmproduzent und Unternehmer, Startnext als erste deutsche Crowdfunding-Plattform in Dresden gegründet. Aktuell warten hier 255 Projekte mit einem Gesamtvolumen von fast 37 Millionen Euro auf Finanzierung. Eines davon ist der neue Katalog für die Neuaufnahmen in das Pixelprojekt_Ruhrgebiet 2014/2015. Hier werden mindestens 2.000 Euro benötigt.
In Deutschland erhielt Crowdfunding erste mediale Aufmerksamkeit, als der Film “Hotel Desire” durch Spenden von 175.000 Euro finanziert wurde. Das bis dato größte Crowdfunding-Projekt im Filmbereich in Deutschland startete die Kölner Firma Brainpool im Dezember 2011. Für den geplanten Film zur TV-Serie Stromberg wollte das Unternehmen bis März 2012 eine Million Euro einsammeln. Nach zwei Tagen lagen die Einnahmen bereits bei über 150.000 Euro. Innerhalb einer Woche wurde die Summe (1 Million Euro) erreicht.
Die meisten Projekte befinden sich jedoch im Bereich von einigen Tausend Euro und auch lange nicht jedes Projekt wird erfolgreich finanziert.
Eine Aktion ist durch eine Mindestkapitalmenge gekennzeichnet, die durch die Masse innerhalb einer bestimmten Zeit finanziert werden soll. Im Verhältnis zur Mindestkapitalmenge leistet jedes Mitglied der Masse (Crowdfunder) nur einen geringen finanziellen Anteil.
Für diese Leistung erhält der Crowdfunder, bei startnext auch Supporter genannt, eine Gegenleistung, die verschiedene Formen annehmen kann (z. B. Rechte, Geld, Sachleistungen). Die Gegenleistung kann aber auch einen ideellen oder altruistischen Wert besitzen.
Die Kommunikation zwischen Geldgeber und -nehmer wird über eine Plattform im Internet realisiert. In der Regel veröffentlicht der Geldnehmer über diese Plattform eine weitgehend offene Ausschreibung, die sich an alle geschäftsfähigen Internetnutzer richtet; ohne Ein- oder Ausgrenzung möglicher Geldgeber. Das Merkmal von Crowdfunding ist, dass durch Crowdfunding erzielte Gelder zweckgebunden an die jeweilige Aktion sind.
Bei Kickstarter finden wir aktuell 177 verschiedene Fotoprojekte weltweit, die darauf warten finanziert zu werden, bei startnext 13 Fotoprojekte allein im deutschsprachigen Raum. Insgesamt kommen bei startnext nach wie vor die meisten Projekte (1091) aus Berlin. Das Ruhrgebiet ist mit 171 Projekten und davon 49 aus Dortmund, 33 aus Essen und 29 Bochum vertreten. 10 der Ruhrgebietsprojekte sind Fotoprojekte. Davon sind 6 bereits finanziert worden.
Informieren kann man sich im Internet oder auch bei verschiedenen Workshops. Im vergangenen Jahr hatte z.B. die Wirtschaftsförderung Gelsenkirchen im Rahmen der bild.sprachen Plattform “surprise me” einen eintägigen Workshop mit einem Mitarbeiter von startnext veranstaltet. Aber auch beispielsweise im Essener Unperfekthaus gab es bereits solche Workshops.
Diese neue Art Projekte zu finanzieren ist also immer noch neu und ausbaufähig. c/o Berlin schaffte es gar 122.714 Euro (100.000 wurden benötigt) für den Ausbau der neuen Galerieräume einzuwerben, das Fotokarnevalsbuch elfuhr elf brachte es auf 13.169 Euro (11.111 wurden benötigt) und konnte so realisiert werden, ruhrspeak immerhin auch auf 1205,- Euro (1.200 wurden benötigt) für redaktionelle Blog-Beiträge, die zusätzlich geschrieben und bezahlt werden konnten.
Also eine lange Geschichte von Erfolgen.
Was man erst beim Durchführen einer solchen Aktion lernt: Der Geldsegen kommt nicht von selbst. Das Projekt muss erstellt werden, die Bank muss das Konto legitimieren, ein Video muss bzw. sollte erstellt werden, Dankeschöns (denn beim Crowdfunding geht es zumeist um Tauschgeschäfte) müssen erfunden werden und dann auch nach Erfolg verschickt oder zumindest abgearbeitet werden.
Doch nicht genug. Die Community muss von dem Projekt erfahren und mehr noch: sie muss für das Funding überzeugt werden. Fehlt nur ein Euro beim Fundingsziel gibt es gar kein Geld – sprich alle Mühe war umsonst.
Und da der Bürger ja mittlerweile für alles spenden soll und das Ehrenamt zu einem der wichtigsten Ermöglicher von sozialen und kulturellen Projekten geworden ist, fragt man sich schon, was ist noch möglich.
Bei meiner aktuellen Crowdfunding Aktion fluche ich wieder sehr.12 Tage vor dem Ende sind erst 330 Euro zusammengekommen, obwohl die Community groß und das Projekt renommiert sind. Womöglich sind endlos viele Stunden für nichts investiert worden.
Aber noch gebe ich nicht auf und noch sind „Supporter“ willkommen, um den Katalog zu finanzieren bzw. um mich nicht auf den Kosten sitzen zu lassen. Im Vertrauen auf meine Community bin ich nämlich in Vorleistung gegangen. Anders wäre ein Katalog, der zur Eröffnung schon vorliegen sollte, nicht möglich gewesen.
Ich hoffe, ihr lasst mich nicht hängen!
Text: Peter Liedtke