Meine ersten Tipps für diesen Monat kann ich schon gar nicht mehr als solche loswerden. Gerade befinde ich mich auf dem Weg nach Berlin zu dem Symposium “Missing Links & Forschungslücken” der Deutschen Gesellschaft für Photografie (DGPh) in der Berlinischen Galerie vom 6. bis 8. März anlässlich des 175-jährigen Jubiläums der Fotografie.
In diesem Symposium wird vorbildlich versucht, entsprechend den DGPh-Sektionen zentrale Fragen der Fotografie auch unter geschichtlichen Aspekten zu beleuchten. Die DGPh-Sektionen sind: Bild; Bildung; Geschichte und Archive; Kunst, Markt und Recht; Medizin- und Wissenschaftsfotografie; Wissenschaft und Technik. Diskutiert werden solch wichtige Fragen wie “Wie ist der tiefgreifende Wandel des Mediums seit der Digitalisierung aus historischer Perspektive zu bewerten“ und auch „Welche Wendepunkte gab es in der 175-jährigen Geschichte der Photographie wirklich?“ In zehn hochkarätigen Vorträgen, einer Diskussionsrunde und wahrscheinlich endlos vielen Gesprächen in den Kaffeepausen oder bei der Verleihung des DGPh-Kulturpreises an Gottfried Jäger wird man sicherlich mit ausreichend Denk- und sicher auch Handlungsansätzen in den Berufsalltag zurückkehren.
Vielleicht schaffe ich es ja noch einen Rückblick, einen Rückblick zu schreiben.
Bücher
Es gibt wieder neue Bücher von Pixelprojekt-Fotografen:
Passend zur Olympiade erschien das Buch des weißrussischen Pixelprojekt-Fotografen Vitus Saloshanka „High Hopes / Sochi“, das nur über besondere Kanäle zu erhalten ist, wie z. Bsp. dem Pixelprojekt_Bookshop. Kritisch und distanziert nähert sich Vitus dem Ort, den vor der Olympiade kaum jemand kannte. Über drei Jahre hat der Fotograf die Verwandlung der Stadt in die nun allbekannte Olympiastadt verfolgt. Ob dieser Ort den Hoffnungen nun nachhaltig genügen kann, wird insbesondere die jetzige Zeit nach den Winterspielen zeigen.
Ein neues Buch gibt es auch von dem Pixelprojekt-Fotografenpaar Tania Reinicke und Ekkehart Bussenius „ Das Marburger Bausystem“. Das Marburger Bausystem gilt als das erste Fertigteilbaukonzep im bundesdeutschen Hochschulbau. Für die Naturwissenschaftlichen Institute der Marburger Uni wurden 1961–63/65 gerasterte Betonelemente entwickelt. Bis in die 1970er Jahre hinein beeinflusste das Marburger System spätere Universitätsbauten von Hamburg bis Dortmund.
Endlich erschienen ist nun auch das Buch des Pixelprojekt-Fotografen Thomas Stachelhaus „Was bleibt ist die Zukunft“. Das Buch beschreibt in Text (Rolf Kiesendahl, Hartmut Kowsky-Kawelke und Hans-Peter Noll) und Bild die ehemaligen Zechenstandorte, die durch die MGG Montag Grundstücksgesellschaft (jetzt RAG Montan Immobilien Gesellschaft) entwickelt wurden. Der Wandel im Ruhrgebiet hat viele Väter und auch einige Mütter. Hans-Peter Noll ist sicher einer dieser Väter. Gut, dass er sich dazu entschlossen hat, in einer Fotohandschrift diesen Wandel zu kommunizieren auch wenn man hin und wieder das Gefühl hat, es ist zu schön ,um wahr zu sein. Aber wie immer ist eine Frage der Sichtweise.
Erschienen ist nun auch dAs Buch „Cole not Dole“ von Pixelprojekt-Fotograf Michael Kerstgens über die Bergarbeiterstreiks in England 1984/1985. Konsequent stellt er sein bei Pepperoni erschienenes Buch zunächst im Photo-Forum London (13. März) und dann im Barnsley Expierence (16. März) vor. Der Ort und Termin der ersten Buchvorstellung im Ruhrgebiet ist noch nicht klar. Aber vielleicht ist ja jemand in Great Britain unterwegs.
Alle Bücher im Pixelprojekt–Bookshop.
Nicht im Bookshop zu haben ist das neue Buch „Mein Zollverein“ mit wunderbaren Porträts des Bochumer Fotografen Martin Steffen. Ein interessanter Versuch das z.T. abgehobene Weltkulturerbe mit dem Stadtteil zu verbinden.
Fotowettbewerbe
Das Künstlerhaus Dortmund hat einen Fotowettbewerb (Ausstellung, Reisekosten deutschlandweit, Unterkunft, Material und Katalog) mit dem Titel FEX – Experimentelle Fotografie und Bilder aus dem Untergrund ausgeschrieben. Bis zum 25. März können Fotoserien, Fotobücher und digitale Netzwerkprojekte eingereicht werden.
www.fex-fotowettbewerb.de/teilnahme.
Bis zum 15. April können sich professionelle Fotografen für den Greenpeace Photo Award bewerben. Es geht um das Thema „Umwelt“. Preise im Wert von 28.000,- Euro winken.
http://sstr.photo-award.org/home
Bis zum 12. März können sich noch weltweit junge Fotoschaffende (18 bis 35 Jahre) beim FOAM Talent Call 2014 bewerben. Die Sieger werden im FOAM Magazin (August 2014) veröffentlicht. Die Teilnahmegebühr beträgt 35 Euro. Das sind, wenn man nachrechnet 52.500 Euro bei 1.500 Bewerbern wie im letzten Jahr. Man könnte meinen, dass sich so die Teilnehmer selbst ihr Forum finanzieren. Ich hoffe, das nennt jetzt keiner Nachwuchsförderung!
www.foamtalent.com
Bis zum 30. April kann man sich bei dem Wettbewerb „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ bewerben. Gesucht werden die 100 besten Initiativen aus den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft, Umwelt, Bildung und Gesellschaft, die die Zukunftsperspektiven der ländlichen Räume stärken. Im vergangenen Jahr wurde mit Pixelprojekt_Ruhrgebiet erstmals ein Fotoprojekt in diesem renommierten Wettbewerb ausgezeichnet. Das muss nicht das letzte ausgewählte Fotoprojekt bleiben. Also bitte auch immer quer denken.
www.deutsche-bank.de/ideen
Bis zum 15. April können sich KünstlerInnen, Kulturschaffende, UnternehmerInnen aus der Kreativwirtschaft, WissenschaftlerInnen, Universitäten, PolitikerInnen, Städte und Regionen, aber auch interdisziplinäre Teams (wer also eigentlich nicht?) um den N.I.C.E Award 2014 bewerben. Gesucht werden Projekte mit dem innovativsten Spillover-Effekt. Es geht um 5.000 Euro und eine Präsentation beim Forum dÁvignon am 11. und 12. Juni im GOP Essen sowie um eine Ausstellung in den City Messehallen im Essener Kreativ.Quartier Nord.
www.e-c-c-e.com
Film
Die Ruhrgebiets-Dokumentarfilmer Gabriele Voss und Christoph Hübner stellen am 20. März um 19 Uhr ihr neues Buch „Film/Arbeit“ und ihren neuen Film (ausnahmsweise Marokko) „Transmitting“ im Endstation Kino in Bochum-Langendreer vor und stehen für ein Filmgespräch Antwort.
Am 14. März um 20 Uhr kann man bereits die Filme „Der Mensch im Planquadrat“ von 1956 und „Feuer an der Ruhr – Werkstatt für Europa“ 1957 im Hüttenmagazin des Landschaftspark Duisburg-Nord sehen. Das Programm wird von Paul Hofmann von der Kinemathek im Ruhrgebiet und Siegfried Teichler gestaltet.
Projekte
„Das Ei ist Kunst“ eine außergewöhnliche Kunstaktion hat sich die Duisburger Pixelprojekt-Fotografin Susan Feind einfallen lassen. Sie bietet an:
2 Eier (von ihren eigenen glücklichen Hühnern)
2 dazugehörige Zertifikate (über das Glück/Ei – nummeriert und zertifiziert)
1 Postkarte vom Huhn
1 Verpackung
alles zusammen für fünf Euro. Reich wird sie damit sicher nicht. Aber es ermöglicht (so die Autorin) die Zelebration des zur Kunst erhobenen Eies. In Folge soll ein Buch entstehen mit Fotografien der ersten 365 von ihren Hühnern gelegten Eiern, in dem sich das bereits verzehrte Ei, anhand der durch das Zertifikat vergebenen Ei-Nummer wieder in Erinnerung rufen lässt.
Kontakt: s_feind@yahoo.de
Festivals
In Strasbourgh findet vom 4. April bis 1. Juni ein neues Fotografiefestival mit dem Titel „Oblick“ statt. Neben der Schau von Retrospektiven von Jürgen Klauke, Charles Freger und Beat Streuli versteht sich das Festival als Plattform des Dialogs mit der jungen Fotografie.
Ausstellungen
Bei den Ausstellungen möchte ich vor allem auf unseren März-Ausstellungskalender hinweisen. Besonders erwähnen möchte ich natürlich unsere eigene nächste Ausstellungseröffnung am 10. April um 18:30 Uhr im Wissenschaftspark Gelsenkirchen. Wir zeigen den Architektur-Fotopreis 2014 und eine Auswahl der besten Arbeiten aus den vergangenen 10 Jahren dieses Wettbewerbs anlässlich des 10 jährigen Jubiläums.
Mit besonderem Interesse habe ich wahrgenommen, dass JR, der als Sprayer seine künstlerische Karriere begann, bevor er sich mit einer gefundenen Kamera fotografisch zu äußern begann, in Baden-Baden ausgestellt wird (bis 29. Juni). Seine Leistung besteht im zunächst wilden Plakatieren von Porträts an öffentlichen Orten. Inzwischen wird er und seine Kunst eingeladen wie z.B. zur letzten Unseen Messe in Amsterdam. Jetzt erhält er gar eine Solo-Schau in Frieder Burdas Kunstpalast und reiht sich damit ein in die Reihe von Nolde, Polke und Richter.
Barcamp Fotografie
Am 10. April vor unserer Ausstellung zum Architektur-Fotopreis ab 15:30 Uhr möchten wir unser erstes Barcamp Fotografie durchführen. Für alle die noch nie den Begriff gehört haben (bis vor drei Monaten ging es mir zumindest noch so) hier die Wikipedia Definition:
Ein Barcamp (häufig auch BarCamp, Unkonferenz, Ad-hoc-Nicht-Konferenz) ist eine offene Tagung mit offenen Workshops, deren Inhalte und Ablauf von den Teilnehmern zu Beginn der Tagung selbst entwickelt und im weiteren Verlauf gestaltet werden. Barcamps dienen dem inhaltlichen Austausch und der Diskussion, können teilweise aber auch bereits am Ende der Veranstaltung konkrete Ergebnisse vorweisen.
Seit dem ersten Barcamp in Palo Alto (Kalifornien) im August 2005 in den Räumlichkeiten der Firma Socialtext werden in Nordamerika, Asien und Europa Barcamps abgehalten. So fanden bereits Ende September 2006 in Berlin und Wien die ersten Barcamps im deutschsprachigen Raum statt.“
Für das Ruhrgebiet ist das Format noch relativ neu und verlangt danach ausprobiert zu werden.
Wir stellen den Raum zur Verfügung (Plenarsaal Wissenschaftspark Gelsenkirchen), organisieren Pinwände, Papier und Stifte und Getränke, laden die erweiterte Fotoszene ein und versuchen die Veranstaltung als Open-Space zu moderieren. Aus dem eingeladenen Kreis ergibt sich dann fast zwangsläufig ein bestimmtes Themenspektrum. Uns interessiert die „Zukunft der Fotografen“. Ob und wie aber nun dieses Thema diskutiert wird, liegt an euch. Ich bin gespannt, wie sehr euch diese Zukunftsfrage bewegt oder auch was für euch noch wichtiger erscheint. Um 18 Uhr müssen wir dann so langsam das Feld für die Ausstellungseröffnung räumen. Es ist also eher ein zweieinhalbstündiges Mini-Barcamp.
P.S. An einem Barcamp kann man auch ohne Einladung teilnehmen und sich einbringen.
Peter Liedtke ist Projektleiter bild.sprachen und Initiator von Pixelprojekt_Ruhrgebiet. Er gibt für ruhr.speak einmal im Monat persönliche Tipps zur Fotowelt (an der Schnittstelle zur Urbanität) im Ruhrgebiet, aber auch anderswo.