Olaf Kröck vom Schauspielhaus Bochum, einer der Macher von „This is not Detroit“, sagt in einem Interview mit K.West: „Bochum ist nicht so hip wie Detroit. Dessen Niedergang ist prominent, ist komplett fotografisch erfasst, er scheint eine Form von Erotik zu besitzen, die künstlerisch verwertbar ist“.
Die Bedeutung von Fotografie fĂĽr die Auseinandersetzung mit der Gegenwart und Zukunft unserer (industriellen und urbanen) Gesellschaft scheint erfasst zu sein. Aber leider bleiben die Macher eines Umdenkprozesses doch noch in den alten Kulturstrukturen des Old Europe (Theater und Schauspiel bzw. heute Performance und Intervention) verhaftet.
In Bochum mit seiner alten und guten Schauspieltradition mag es ja auch noch angehen, für das Ruhrgebiet insgesamt könnte aber auch die Fotografietradition eine wesentlich größere Bedeutung haben. Fotografie macht sichtbar, stellt Fragen, regt zum Auseinandersetzen an und hat (zumindest in der Dokumentarfotografie) immer auch einen Realitätsbezug. Und Fotografie hat – im Gegensatz zu z.B. performativen Künsten – die Möglichkeit breite Bevölkerungsschichten zu erreichen, statt diese womöglich zu verschrecken oder gar in Opposition zu den Künsten zu positionieren.
Nun ja – Fotografen sind Einzelkämpfer und lassen sich nur schwer in gesamtkuratorische Prozesse einbinden. Aber es sollte in der Kunst ja letztlich doch immer um deren gesellschaftliche Bedeutung und nicht um die Selbstverwirklichung Einzelner oder von KĂĽnstlergruppen gehen. Es geht um gesellschaftlichen Veränderung und nicht um kĂĽnstlerische Verwertbarkeit. Von hier bis zur SpaĂźgesellschaft ist es eigentlich nur ein kleiner Schritt.
Welche Bedeutung die Berufung von Florian Ebner – Leiter der fotografischen Sammlung im Museum Folkwang – zum Kurator der 56. Kunstbiennale Venedig 2015 für die Wahrnehmung der Fotografie in der allgemeinen Öffentlichkeit haben wird, bleibt abzuwarten. Ich sehe es aber als positives Zeichen und bin sehr gespannt.
Nun zu den Tipps:
Am 10. April eröffnen wir um 18.30 Uhr die Ausstellung zum europäischen Architekturfoto-Preis architekturbild 2013 im Wissenschaftspark Gelsenkirchen. Zuvor führen wir (Melanie Kemner und ich – also das bild.sprachen Team) ab 15.30 Uhr unser erstes Barcamp Fotografie durch. Viele Fotografen haben bereits ihre Teilnahme zugesagt, für andere ist dieses offene Format noch sehr ungewohnt und für uns alle noch wenig bis gar nicht geübt. Ich bin gespannt. Das Camp ist offen für alle Interessierten, die sich einbringen wollen.
Am 3. Und 4. Mai führen wir in der Galeriemeile Gelsenkirchen zum wiederholten Male die Aktion „Tür auf“  durch. Ateliers und Galerien haben ihre Räumlichkeiten für ein langes Wochenende der Kunst geöffnet und führen verschiedenste Aktionen durch. Die Eröffnung findet um 14 Uhr mit einem Konzert des Ensemble „Amor Dormiglione“ in der Heilig Kreuz Kirche statt, der meines Wissens größten Parabellkirche Europas und eines der schönsten Beispiel des Backstein-Expressionismus Deutschlands (1927-1929 von Josef Franke).
Zu den Highlights des Wochenendes gehören sicher neben den inszenierten Selbstporträts von Pedro Malinowski im EURASIA Kulturverein die Ausstellungseröffnung mit Arbeiten von Hans Rudolf Uthoff in der GALERIE HUNDERT (Sa. 15 Uhr, So. 12.30 Uhr Signierstunde Buch „Tief im Westen“) und die Buchvorstellung „hier sind wir“ in der bild.sprachen Stadtteilgalerie (Sa. 18 Uhr).
Am Sonntag mache ich um 15 Uhr eine Führung durch die Ausstellung des Europäischen Architekurfotografie Preises und um 16 Uhr ein Projektgespräch zu den „Ückendorf_scans“ von Kurt Hörbst, jeweils im Wissenschaftspark Gelsenkirchen.
Aber auch an vielen anderen Orten im Kreativquartier Ückendorf zeigen die ansässigen Künstler „was sie drauf haben“. Und auch für Ansiedlungswillige gibt es spezielle Angebote und Führungen.
Neben so großen Ausstellungen wie die von August Sander in der SK Stiftung Köln oder die „Gute Aussichten“ Ausstellung aktuell in Washington D.C. möchte ich gerne auf die Ausstellung „Family of Man“ im Clervaux Castle Luxemburg hinweisen, die restauriert seit dem 1. März wieder zu betrachten ist. Die Ausstellung wurde 2003 in das „Memory of the World Register“ der Unesco aufgenommen.
www.steichencollections.lu
Und auch die große Chargesheimer-Ausstellung „Die Entdeckung des Ruhrgebietes“ im Ruhr-Museum ab dem 26. Mai wirft ihr Schatten voraus. Pixelprojekt_Ruhrgebiet gehört mit zu den Leihgebern der parallel geplanten temporären Ruhrgebiets-Fotobuch-Bibliothek.
Nicht ganz so weit weg wie die „Family of Man“ ist die Ausstellung „Nachtstücke“ von Pixelprojekt-Fotograf Horst Dieter Zinn im Maker Hub (Große Bergstr. 160) in Hamburg. Die Eröffnung ist am 4. April um 18 Uhr die Finissage schon am 12. April zwischen 13 und 18 Uhr u.a. mit Lesungen aus dem ruhr.speak Blog Lesern bekannten Buch „Fotokaraoke“.
www.fotokaraoke.de
Am 6. April öffnen die Ateliers am Duisburger Parallelhafen 12 ihre Räume von 12-18 Uhr. Mit dabei: Pixelprojekt-Fotograf Ralf Grossek.
www.hafenkult.de/aktuell
Am 7. Mai wird dann die Ausstellung „Auf der Schwelle – Leben im Frauenhaus“ – Fotoarbeiten von Brigitte Kraemer im Ottlie-Schoenewald-Weiterbildungskolleg Bochum um 19 Uhr eröffnet. Zu der Ausstellung erscheint im Klartext Verlag ein gleichnamiger Fotoband, der wie alle Bücher von Pixelprojekt-Fotografen im Pixelprojekt bookshop zu bestellen ist.
Ab dem 10. April gibt es dann auch endlich das neue Fotobuch „Das Gebiet“ von Pixelprojekt-Fotograf Joachim Schumacher mit einem Vorwort von Christoph Schaden.
Neu im Bookshop ist auch das Buch „Pina Bausch und das Tanztheater Wuppertal“ von Pixelprojekt-Fotografin Ursula Kaufmann sowie ihr zeitloser und riesengroßer Panoramakalender mit gleichem Titel und der jährliche DuMont Pina Bausch Kunstkalender. Der Kalender für 2015 ist gerade in Produktion.
Bereits im September 2013 erschienen ist das Buch: Seseke: Ein Lesebuch mit Bildern, Geschichten und Informationen zum Umbau der Seseke und ihrer Nebenläufe mit Fotografien von Pixelprojekt-Fotograf Rainer Schlautmann.
Und dann noch eine schöne News zu dem Buch von Pixelprojekt_Fotograf Andreas Weinand „Colossal Youth“. Es wurde in die Photobook History Vol.3 von Martin Parr aufgenommen und erhielt damit quasi die Auszeichnung, eines der wichtigsten aktuellen Fotobücher zu sein.
www.pixelprojekt-ruhrgebiet.de/bookshop
Nicht im bookshop erhältlich, aber dennoch lesenswert ist die Dokumentation der DGPh Tagung „Der Gang der Dinge“ in Wolfsburg im Juni 2012 in Wolfsburg (Herausgeberin für die DGPh ist Christiane Fricke). Es geht um die Frage „Welche Zukunft haben photographische Archive und Nachlässe“, die sicher noch an Bedeutung und Dramatik zunehmen wird.
Vor wenigen Wochen hat Manfred Heiting im Auftrag der DGPh den neuen Band „Zeitprofile“ mit einer Übersicht über die Kulturpreisträger der Gesellschaft herausgegeben. Während im ersten Band die Preisträger der Jahre 1959-1988 beschrieben wurden, rücken nun die Preisträger von 1989 bis 2014 in den Mittelpunkt. Unter den Kulturpreisträgern der letzten 25 Jahre befinden sich: Andreas Feininger, F.C. Gundlach, Klaus Honnef, Peter Keetman, David Hockney,
Karl Lagerfeld, Richard Misrach, Daido Moriyama, Evelyn Richter, Ed Ruscha, Stephen Shore, Wim Wenders und Wilfried Wiegand. Auch der Preisträger 2014 Gottfried Jäger ist mit dabei.
www.dgph.de/startseite
Hinweisen möchte ich ferner auf das sechs-monatige Fotoseminar mit Pixelprojekt-Fotograf Wolfgang Zurborn, das am 27. April beginnt. „Titel des Seminars ist „The Theatre of Real Life“. In wie fern die gleichnamige Ausstellung des New Yorker Fotostars und Pixelprojekt-Fotografen Duane Michals dafür Pate stand, hat mir Wolfgang leider noch nicht beantwortet.
www.lichtblick-school.com/angebote
Empfehlen möchte ich auch die Darmstädter Tage der Fotografie vom 25.-27. April. Was der Macher des Festivals Albrecht Haag gemeinsam mit Alexandra Lechner, Gregor Schuster, Rüdiger Dunker und Kris Scholz alle zwei Jahre auf die Beine stellen und der sympathische Charakter des Festivals (alles ist so, wie man es sich eigentlich nur wünscht), machen es für mich zu einem der schönsten Festivals Europas.
www.dtdf.de
Hinweisen möchte ich auch noch auf die Bemühungen der VG Bild-Kunst Privatkopieabgaben bei den großen Handykonzernen, namentlich Tim Cook (Apple), Larry Page (Google) und Kazup Hirai (Sony) einzufordern. Diese Abgaben werden nicht nur (mehr oder weniger) direkt an die Urheber / Fotografen verteilt, sondern bestücken auch z.B. die Projektförderung. Für Projekte in der bildenden Kunst / Fotografie besteht noch bis zum 15. April die Möglichkeit der Antragsstellung.
www.bildkunst.de (Bewerbungsformular)
Und ein letzter Tipp „für über den Tellerrand“:
Das Städtebauliche Kolloqium 2014 der TU Dortmund stellt die Energiewende Ruhr in ihren Mittelpunkt. Am 29. April geht es um „Rahmenbedingungen und Herausforderungen“ am 20. Mai um „KlimaKultur: Energiewende von unten“ und am 17. Juni um das „KlimaQuartier: Energieeffizienz im Quartier“.
Keine Bilder ohne Inhalte und die KlimaExpo kann sicher auch das nächste große Kulturprojekt im Ruhrgebiet nach IBA und Kulturhauptstadt werden – auch für Fotografen.
www.klimaexpo.nrw.metropoleruhr.de
Peter Liedtke ist Projektleiter bild.sprachen und Initiator von Pixelprojekt_Ruhrgebiet. Er gibt für ruhr.speak einmal im Monat persönliche Tipps zur Fotowelt (an der Schnittstelle zur Urbanität) im Ruhrgebiet, aber auch anderswo.