Der hochgewachsenen Düsseldorferin mit den grünen Augen werden museale Ehren zuteil. Das Museum Kunstpalast zeigt vis-à-vis von „Wim Wenders Landschaften. Photographien“ etwa 100 Bilder der Fotografin Erika Kiffl. Da die zumeist schwarzweißen Motive von Künstlern und Kunstprojekten aber nicht à la Wenders in Cinemascope-Größe hängen, wird der Betrachter zu genauem Hinschauen gezwungen.
Erika Kiffl, geboren 1939 in Karlsbad (heute Karlovy Vary in Tschechien), studierte Gebrauchsgrafik und Fotografie an der Fachhochschule Krefeld und an der Kunstakademie Düsseldorf. Sie lebt seit 1951 in Düsseldorf. Ihr Studium finanzierte sie auch durch Jobs als Fotomodell. EK gilt als wichtigste Chronistin der Düsseldorfer Kunstszene seit den 1960er Jahren. Noch vor der berühmten Düsseldorfer „Becher-Schule“ hinterfragte Kiffl die Unterschiede von dokumentarischer und künstlerischer Fotografie. „Ich mache keine Künstlerportraits, ich zeige wie Kunst entsteht.“ Beat Wismer, Generaldirektor Museum Kunstpalast, urteilt: „Kiffls Fotos sind Dokumentation von Kunst, aber auch Dokumentation, die Kunst ist.“
Kiffl bewies stets Einsatz: für ihre Kunst, für die Anerkennung des fotografischen Mediums. Deshalb initiierte sie 1980 das erste Internationale Fotosymposium auf Schloss Mickeln. 1981 wurde dort mit Medienphilosophen über die Frage diskutiert, ob Fotografie Kunst sei. Für Kiffl ist die Antwort längst geklärt: seit nunmehr wenigstens 30 Jahren.

Kiffl: eine Kämpferin für ihre Kunst, für die Anerkennung des fotografischen Mediums. Deshalb initiierte sie 1980 das erste Internationale Fotosymposium auf Schloss Mickeln. 1981 wurde mit Medienphilosophen über die Frage diskutiert, ob Fotografie Kunst sei.
Ausstellungsfoto: Hartmut S. Bühler
Von Intimität zu nüchterner Distanziertheit
Zur Arbeitsweise der Kamerakünstlerin: „ … Die Aufnahmen von 1967 offenbaren einen sehr direkten Blick und kommen dem Künstler derart nahe, dass die Malweise Richters – vermutlich unbewusst – von der fotografischen Wiedergabe imitiert wird. … Sie zeugen von Bewegung vor und hinter der Kamera und wirken in ihrer Dynamik zum Teil so, als seien sie während eines gemeinsamen Tanzes der beiden Akteure entstanden. Gleichzeitig bieten die Fotografien die seltene Gelegenheit, nahezu den gesamten Malprozess an einem einzigen Bild nachvollziehen zu können. …1977 hat sich die Herangehensweise Erika Kiffls grundlegend verändert. Die Aufnahmen sind jetzt schwarzweiß und von einer nüchternen Distanziertheit, die der Intimität der früheren Bilder diametral entgegengesetzt scheint. Die Fotografin konzentriert sich hier weniger auf die Person des Malers als auf dessen Umgebung, die sie so klar und unverstellt wie möglich darstellt… „ (entnommen „Inside the Studio_Erika Kiffl fotografiert Gerhard Richter; DuMont Buchverlag, Köln 2008“, Text Daniel Marzona).

Gerhard Richter in seinem Atelier Fürstenwall, Düsseldorf;1967 – Serie “Diana”. Ausstellungsfoto: Hartmut S. Bühler
“Ich träume in Schwarzweiß”
Und Dr. Renate Buschmann, Direktorin der Stiftung imai – inter media art institute, Düsseldorf, verrät Kiffl: „ … Ich bin eigentlich Autodidaktin. In den Studios verschiedener Fotografen habe ich die Technik erlernt, also Labortechnik und die Technik im Umgang mit dem Fotoapparat. … ging ich in die Werbung… wurde Art Buyerin … das war eine wahnsinnig aufregende Zeit, weil ich mit Fotografen wie Helmut Newton oder Frank Horvat, wirklich mit den tollsten Fotografen der damaligen Zeit, zu tun hatte … Ich gehöre zu einer Generation, die mit Schwarzweißfilmen aufgewachsen ist und von Ingmar Bergman stark beeinflusst wurde… Bei mir ist es sogar so, dass ich in Schwarzweiß träume, nie in Farbe.“ (entnommen dem Fotoband „Inside the Studio_Erika Kiffl fotografiert Gerhard Richter; DuMont Buchverlag, Köln 2008“).
Festhalten des kreativen Moments
Ihr fotografisches Werk ist Personen, Ereignissen und Orten der Kunst gewidmet. Neben Aktivitäten der Kunstakademie Düsseldorf und Ausstellungsreihen des Museums Kunstpalast hat sie zahlreiche bekannte KünstlerInnen in ihren Ateliers besucht. Zahlreiche Reisen führten sie nach Österreich zu Architektur- und Künstleraufnahmen, zur Solidarnosc-Bewegung nach Polen und nach China, wo sie 1995 eine Serie Künstlerportraits erstellte. Anne Rodler, Kuratorin, Kunstpalast Düsseldorf: „EK geht mit ihrer Kamera an die Entstehungsorte der Kunst. Sie selbst bezeichnet ihr fotografisches Arbeiten als work in process, als das Aufspüren und Festhalten des kreativen Moments.“ Kiffl hat beispielsweise Ulrike Rosenbach, Gotthard Graubner, Günther Uecker, Gerhard Hoehme und Gerhard Richter fotografiert, lange bevor diese berühmt wurden.
Zeitzeugnisse seit 1964
In Düsseldorf gezeigt werden analog entstandene Zeitzeugnisse seit 1964. Alle Fotos gehören zum Archiv künstlerischer Fotografie der rheinischen Kunstszene (AFORK), das im Museum Kunstpalast beheimatet ist. EK ist eine der Gründerinnen dieses 2003 entstandenen Archivs, das von der Landeshauptstadt Düsseldorf und der Kunststiftung NRW unterstützt wird. Etwa 1000 der etwa 6000 aufbewahrten Bilder stammen von Kiffl.
Übrigens: Mit kaum einem der Künstler, den sie damals fotografierte, hat Kiffl heute noch Kontakt. Sie bedauert das nicht. “Das ist ja auch ein Leben in einer unheimlichen Monomanie”, sagt EK über die Protagonisten der Kunstszene. “Ich habe mich auch nur auf das Wesentliche für mich konzentriert.”
Erika Kiffl – Fotografie. Von Ai Weiwei bis Gerhard Richter
kuratiert von Anne Rodler, bis 18. November im Museum Kunstpalast, Kulturzentrum Ehrenhof, Düsseldorf
Text & Ausstellungsfotos: Hartmut S. Bühler, Düsseldorf