Das Jahr geht zu Ende und damit sind auch verschiedene Antragsfristen für Förderprogramme abgelaufen. Der Haushalt NRW wurde am 28. November in der dritten Lesung endlich verabschiedet. Leider viel zu spät für viele freie Projekte, die sich immer wieder neu finanzieren müssen.
Wann schafft es das Land endlich, aus dem Prinzip der Jährlichkeit herauszukommen und Projekten, die auf Nachhaltigkeit und langfristige Strukturen basieren, auch entsprechende Planungs- und Handlungssicherheit zu geben? Aber zumindest ist die neue Landesregierung nun endlich handlungsfähig und muss nicht immer wieder neu müde Kompromisse aushandeln.
Das Förderproblem ist auch den politisch Verantwortlichen bekannt und fließt nun hoffentlich in das neue geplante Kulturfördergesetz ein. Dieses dient nicht zuletzt dazu, Kultur als kommunale Pflichtaufgabe zu verankern statt einer wie bisher freiwillige Leistung, die man grundsätzlich auch streichen kann bzw. bei Nothaushaltgemeinden zum Teil auch streichen muss.
Wir haben Ende November in der 2πr Galerie die erste unserer Pixelprojekt-Ausstellungen in Posen (Polen) mit dem Titel „Die Kunst der Revitalisierung“ mit Arbeiten von Tom Pflaum und mir eröffnet und am 1. Dezember die Ausstellung „Erzbahnstrecke – Fotografien von Stefanie Vielhauer“ in unserer Stadtteilgalerie bild.sprachen. Gleichzeitig haben wir mit den anderen Akteuren des Kreativquartiers „Galeriemeile Gelsenkirchen“ das mittlerweile vierte „Licht an“ Event durchgeführt. Großartig war das Konzert in der Heilig Kreuz Kirche mit dem neuen alten Kirchenchor unter Leitung von Il Yun und mit zwei Solo-Weihnachtsliedern. Das erste Mal besinnliche Stimmung in diesem Jahr!
Am 13. Dezember geht es für mich und zwei weitere Pixelprojekt-Fotografen wieder nach Polen, wo wir in der städtischen Galerie Arsenal zentral auf dem mittelalterlichen und wunderschönen Marktplatz in Posen den zweiten Teil von „Die Kunst der Revitalisierung“ mit Arbeiten von Marcus Düdder, Antje Hoefer, Harald Hoffmann, Beatrice Klein, Sascha Kraus, Dirk Krüll, Fatih Kurceren, Britte Lauer, Sebastian Mölleken, Daniel Sadrowski, Claudia Thoelen, Julia Unkel und Iris Wolf eröffnen werden. Ich freue mich darauf.
In den wenigen Tagen, in denen ich bei meinem letzten Besuch Posen kennen lernen durfte, ist mir diese Stadt und damit Polen sehr nahe gekommen. Ein wunderbares Volk, das mit Solidarnosc ebenfalls 1989 die friedliche Systemwende herbeigefĂĽhrt hat. Noch vor dem Fall der Mauer kam es am 4. Juni 1989 zu den ersten freien Wahlen im kommunistischen Polen.
1988 habe ich Polen das erste Mal besucht. Damals war es dunkel, schwarz und bedrohlich und man bewegte sich durch die Städte mit einem beobachtenden Schatten in der Nähe. Wie anders ist es heute. Privates Engagement wo man geht und steht, aber zum Teil auch private Gier. Die Werbung, die es vor 1989 gar nicht gab, verstellt einem inzwischen den Blick auf die Stadt, in welcher Einkaufszentren a la Centro Oberhausen, Limbecker Platz und Thier Galerie wie Pilze aus dem Boden sprießen.
Die traditionsreiche Posener Lech Brauerei, die auf eine Tradition, die bis ins 15. Jahrhundert zurĂĽckgeht, ist verkauft; zunächst an die australische Foster´s Group, die schlieĂźlich vom britischen SABMiller Konzern ĂĽbernommen wurde. Willkommen in der globalisierten Welt. Ich konnte dieses Unternehmen, das technisch perfektioniert arbeitet – wie ĂĽberall auf der Welt – besichtigen, genauso wie das H. Cegielski – Poznan Maschinenbauunternehmen, das zunächst Agrarmaschinen und später Schiffsmotoren herstellte. Wegen der polnischen Werftenkrise bleibt das Unternehmen auf aufwändig gebauten und fertiggestellten Motoren sitzen und neue Aufträge scheinen bei dem veralteten Betrieb nicht in Sicht. Das Ende des historischen Betriebes ist absehbar. Das kennen wir auch aus eigener Geschichte.
Und eigener – an dieser Stelle preuĂźischer – Geschichte begegnen wir auf Schritt und Tritt. Aber jetzt sind wir ja eh alle Europa. Schade, dass der Osten Europas fĂĽr viele nach wie vor unbekannt geblieben ist. Da könnte Fotografie helfen, uns den unbekannten Nachbarn näher zu bringen. Ich wĂĽrde zumindest gerne junge polnische fotografische Positionen zeigen und versuche gerade, das dafĂĽr notwendige Geld zusammen zu bekommen. Schau’n wir mal.
Nun noch ein paar wirkliche Tipps:
Die Arte-Reihe „Photo“ deren letzter Beitrag über die Fotografie der 1920er Jahre am 2. Dezember gelaufen ist, kann auch im Nachhinein per DVD (14,90 Euro) studiert werden. Leider habe ich die Sendungen verpasst und habe mich nun auf die Warteliste der DVD bei Arte gesetzt. Fantastisch ,was Arte hier nun neu nach der legendären Reihe „Kontaktabzüge“ (dazu gibt es bereits eine dreier DVD) auf die Beine gestellt hat. 2013 soll das Format „Photo“ fortgesetzt werden. Ich hoffe, euch und mir rechtzeitig Bescheid zu geben.
Es gibt diverse neue BĂĽcher von Pixelprojektfotografen
Michael Wolf – Bottrop-Ebel 76
Sebastian Mölleken – Tagebau (wir hoffen, das Buch im Januar in der Heilig Kreuz Kirche vorstellen zu können)
Knut Wolfgang Maron – Ein Leben
Jörg Winde – Bürgermeisterzimmer in Deutschland
Manfred Vollmer – Mein Revier
Thomas Pflaum – Dampfzeit
Heiner Schmitz – Menschenbilder 1962-2011
Diverse – Von A-Z Fotografie im Ruhr Museum
Diverse – Koks und Cola – Das Ruhrgebiet der 1950er Jahre
Das Fotomuseum Winterthur sucht zum 1. 7. 2013 eine/n neue/n Co-Direktor/in. Urs Stahel langjähriger Gründungsdirektor des Fotomuseums hat nach 20 Jahren hervorragender Arbeit seinen Rücktritt bekannt gegeben. Bewerbungen direkt an das Fotomuseum
Und vielleicht noch ein Filmtipp:
Anna Karenina von Joe Wright. Eine alte kitschige Liebesgeschichte und Klassiker der Weltliteratur von Leo Tostoi umgesetzt in wunderbare Bilder. Ein Genuss fĂĽr bild-affine Menschen, den der Kameramann Seamus McGarvey geschaffen hat.
Und zu guter Letzt wünsche ich allen ein friedvolles Weihnachtsfest und einen guten Start in das neue Jahr. Auf dass eure Projekte erfolgreich werden und die Welt weiter bereichern. Auf dass Europa zur Ruhe kommt und wir alle uns den wirklich wichtigen Dingen zuwenden können auf dem Weg zu einer gemeinsamen und gerechten Welt ohne Hunger, Krieg, Unterdrückung und ökologische Katastrophen.
Und ein wenig Schnee findet meine sentimentale Seele auch sehr schön!
Es bleibt viel zu entdecken!
Peter
Peter Liedtke ist Projektleiter bild.sprachen und Initiator von Pixelprojekt_Ruhrgebiet. Er gibt für ruhr.speak einmal im Monat persönliche Tipps zur Fotowelt (an der Schnittstelle zur Urbanität) im Ruhrgebiet, aber auch anderswo.