Jetzt ist das neue Jahr schon nicht mehr ganz so neu, die Tage werden wieder länger und viele denken über neue Projekte nach. Der Anschlag auf Charlie Hebdo in Paris steckt uns allen – besonders denen, die kritisch Position beziehen – in den Knochen. Da müssen wir aufpassen, dass das nicht Wasser auf die Mühlen von Überwachungsstaatbefürwortern und Anti-Islam Kriegstreibern gießt. Plötzlich sind ja auch die AFD und Pegida scheinbar in der Mitte der Gesellschaft angekommen.
Meine Wahrnehmung – die Wahrnehmung eines Fotografen – ist eine andere. Ich sehe wieder vermehrt sĂĽdeuropäische Menschen, die mit einem Handkarren Schrott sammeln, um diese fĂĽr ein paar Pfennige an Altmetallhändler zu verkaufen. Menschen, die Möbel aus den SperrmĂĽll fischen und sich zu dem Bild der Flaschensammler gesellen. Menschen auf den StraĂźen in dĂĽnnen Sommerschuhen oder Sandalen, ohne Jacken und Mäntel und das, obwohl es tiefster Winter ist. Menschen, die sich in den Notaufnahmen von Krankenhäusern sammeln, obwohl sie ohne Krankenversicherung sind. Menschen, die in Wohnhäusern leben, die unbewohnbar aussehen. Menschen die ohne Arbeit herumlungern oder auf dem Strich und Arbeitsstrich nach einem Ăśberleben suchen.
Fotografen, die an solchen Wahrnehmungen arbeiten, mögen sich bitte bei mir melden. Diese Bilder gehören in die Öffentlichkeit und in den gesellschaftlichen Diskurs.
Bei vielen Veranstaltungen aus der (Foto) Kunstszene geht es leider um ganz andere Fragen, zuletzt bei den Symposien der DZ Bank zu: „Reproduktion in der Fotokunst – Erhalt des Originals, Neuproduktion oder Interpretation“ (aktuell sind die Live-Filmmitschnitte – Tipp 1 – der Veranstaltung im Internet abrufbar. www.dzbank-kunstsammlung.de oder auch im letzten Symposium von WĂĽstenrot Stiftung und Folkwang Uni am 9. und 10. Januar auf Zollverein „Das Atelier der Erinnerung“.
Während sich die erste Veranstaltung rein um Kunst und Kunstmarkt sowie fotohistorisch relevanten Umgang mit Fotografie drehte, hatte die zweite Veranstaltung durchaus auch Ansätze zu gesellschaftlich relevanten Fragen, wie etwa die Arbeit von Susan Meiselas zu Kurdistan. Hier versucht die Magnum Fotografin mit Fotodokumenten, die sie bei Kurden aus privaten Archiven reproduziert – die Geschichte Kurdistans sichtbar zu machen – und dies von unten. Die Beiträge der Veranstaltung sollen dokumentiert und veröffentlicht werden.
Zu den noch aktuellen News gehört z.B. die Neubesetzung des Vorstands des Deutschen Werkbunds NRW. Neuer 1. Vorsitzender ist der Pixelprojekt- und Architekturfotograf Tomas Riehle, der auch noch in unserer Ausstellung ProjektZeit www.bildsprachen.de/ausstellungen im Wissenschaftspark Gelsenkirchen – zu sehen bis zum 21. Februar und mein Tipp 2 zu sehen ist. Aktuell produziert die Lokalzeit des WDR einen kleinen Beitrag zu der Ausstellung.
Zu den weiteren News gehört auch die Förderung des Projektes „Asylanten und Zuwanderer in Deutschland“ durch die Stiftung Kulturwerk VG Bild Kunst der Pixelprojektfotografin Brigitte Kraemer sowie der Arbeit von Pixelprojektfotograf Pascal Amos Rest der Arbeit „4,5 qm – zur Situation in deutschen Flüchtlingsheimen“. Ich gratuliere und bin gespannt auf die Ergebnisse (siehe oben).
Als weitere News auch die Auszeichnung des Ruhrgebietsbuches „Heartzland“ des Duisburger Pixelprojektfotografen Jürgen Kassel des Kulturmagazins „Musenblätter“ als Buch des Jahres. Dieses ist genauso wie die neuen Bücher der Pixelprojektfotografen Christoph Buckstegen „Flutlichter“ – zu Orten des Fußballs und des Pixelprojektfotografen Maurice Kohl (gemeinsam mit Björn Gantert) „Zuckerbrot & Spiele“ – über die Akteure beim DOM dem größten Volksfest in Hamburg als Tipp 3 im Pixelprojekt bookshop zu bestellen www.pixelprojekt-ruhrgebiet.de.
Letzte News aus meiner Feder ist das Krupp Stipendium an Peggy Buth und an Arwed Messmer über je 10.000 – Euro www.museum-folkwang.de . Messmer hat an der FH Dortmund studiert und hatte seine Arbeit zuletzt bei der bild.sprachen „surprise me – Plattform für Fotografieprojekte“ im November vorgestellt. Die surprise me wird Ende November 2015 als Tipp 3 wieder in Gelsenkirchen stattfinden. Wir stricken bereits am Programm.
Tipp 4 ist unsere nächste Ausstellung „Auswahl15_Düsseldorf Pixelprojekt_Ruhrgebiet im Jacobihaus des Düsseldorfer Malkasten – dem ältesten deutschen Künstlerverein. Eröffnung ist am 27.1. um 19 Uhr. Die Ausstellung läuft bis zum 8.3.
Schon jetzt Tipp 5 unsere Ausstellung „Konfetti im Kopf“ mit Arbeiten des Hamburger Fotografen Michael Hagedorn zum Thema Demenz, die wir am 5. März im Wissenschaftspark Gelsenkirchen um 18:30 Uhr eröffnen werden www.konfetti-im-kopf.de .
Tipp 6 ist der dritte Teil der Vortragsreihe zu aktuellen Fragen der Rechtslage in der Fotografie der DGPh am 23. Januar um 18 Uhr in der Aula der Kunsthochschule für Medien Köln. „Lavrieren in der juristischen Grauzone – Die rechtliche Verbindlichkeit von Auflagenlimitierungen in der zeitgenössischen Photokunst“
Tipp 7 – 17 Ausstellungen. Dokumentarfotografie Förderpreis 09 der Wüstenrot Stiftung im Sanna Gebäude der Zeche Zollverein in Essen (mit Arbeiten der Pixelprojekt-Fotografin Christine Steiner) bis zum 22. Februar.
„Verstrickt“ mit Arbeiten des Pixelprojekt-Fotografen Carsten Klein bis zum 26.2. im Bürgermeisterhaus Essen
www.buergermeisterhaus.de/veranstaltungen .
„I wanna be your dog“ mir Arbeiten der Pixelprojekt-Fotografen Etta Gerdes und Arno Schidlowski bis 22.2. im Künstlerhaus Dortmund
„Not a House“ des Pixelprojekt-FotografenJoachim Brohm bei Beek & Eggeling in Düsseldorf. 21.1. – 21.2., Eröffnung am 21.1. 19 Uhr mit einem Künstlergespräch.
„Masters 2015 – Photography Studies and Practice“ mit den Pixelprojekt-Fotografinnen Tania Reinicke und Natalie Richter. 30.1. – 14.2. in den Scheidt´schen Hallen in Essen. Eröffnung 29.1. 19 Uhr.
„Königin-Luisen-Schule“ mit Arbeiten der Pixelprojekt Fotografin Isabell Krisch-Wemper 30.1. – 20.3. in der VHS Galerie-Wanne in Herne. Eröffnung am 30.1. um 19 Uhr.
„Augenzwinkern“ – Arbeiten des verstorbenen Pixelprojekt Fotografen Rudolf Holtappel in der Ludwig Galerie Schloss Oberhausen 8.2. – 3.5. Eröffnung 8.2. um 15 Uhr
Zuvor wird am selben Ort die Ausstellung „Herlinde Koelbl“ mit verschiedenen Werkskomplexen am 24. 1. Um 19 Uhr eröffnet. Zu sehen u.a. ihre berühmte Serie „Spuren der Macht“ mit Porträts von Politikern vor, während und nach ihrer Macht. Ebenfalls bis 3.5.
Nicht von Pixelprojekt-Fotografen, aber sicherlich auch spannend:
„Die Unsichtbaren“ – Porträts von Obdachlosen von Reto Klar im Essener Hauptbahnhof. Eröffnung am 20.1. zu sehen bis 30.1.
„MenschenBilder“ – Ganzkörperporträts von Emanuel Raab 25.1. -22.2. Forum Kohlenwäsche Zeche Zollverein Essen. Eröffnung 25.1. 12 Uhr
„Steinkohle redux“ mit Arbeiten von Miles Coolidge im kunstwerden e.V. in Essen. 24.1. – 7.3. Eröffnung 24.1. 17 Uhr.
Tipp 18 Bewerbungen zum nächsten Voies Off parallel zum Recontres d´Arles sind noch bis zum 10.2. möglich
Das Jahr fängt also vielleicht nicht gut (siehe Anfang), aber spanned an.
Peter Liedtke ist Projektleiter bild.sprachen und Initiator von Pixelprojekt_Ruhrgebiet. Er gibt für ruhr.speak einmal im Monat persönliche Tipps zur Fotowelt (an der Schnittstelle zur Urbanität) im Ruhrgebiet, aber auch anderswo.