Der Monat begann für mich fulminant. Im Rahmen der Kreativ:Quartiere Ruhr bekamen wir, d. h. der Förderverein Pixelprojekt_Ruhrgebiet als Träger des Projektes bild.sprachen, drei Projekte für das Kreativ.Quartier Ückendorf bewilligt. Zwei davon sind Fotoprojekte und eines ein Streetart-Projekt zur Markierung der Galeriemeile Gelsenkirchen. Die Freude ist groß, die anstehende Arbeit auch.
Für das Projekt „Wir sind hier“ haben wir einen offenen Aufruf an Fotografen gestartet, sich um eine von insgesamt fünf Fotogeschichten zu bewerben. Es geht um die Internationalität des Stadtteils und um Themen wie „Internationale Unternehmerportraits im Quartier“ oder um eine „Schule mit Schülern aus 100 Nationen“ bis hin zur „Russischen Community“ oder zu „Little Italy – das italienische Eiscafe“. Die kleinen Geschichten sollen mit einem Aufwand von vielleicht zwei Tagewerken fotografiert werden und können von uns mit je 1.000,- Euro honoriert werden. Das Ergebnis soll in eine Ausstellung münden, die wir am 21. Dezember in unserer bild.sprachen Fotogalerie eröffnen. Bis jetzt haben uns bereits hochkarätige Bewerbungen aus ganz Deutschland erreicht und eine sogar auch Argentinien – man höre und staune!
Das andere Fotoprojekt wird die Umsetzung eines Fotokunstwerkes mit Kurt Hörst aus Österreich sein. Hörbst hat mit seinen People Scans, die er erstmals in Venedig gemacht hat, internationale Aufmerksamkeit erlangt. Nach Wien, Beijing und Darmstadt wird er schließlich im November in Ückendorf arbeiten. Die Ergebnisse mit dem Titel „Ückendorf Scans“ eröffnen wir am 13. Dezember um 18:30 Uhr im Wissenschaftspark Gelsenkirchen. Aktuell suchen wir nach den Menschen, die diesen Stadtteil aus unserer Sicht am besten repräsentieren. Ich bin gespannt.
Das sind schon einmal zwei Tipps fĂĽr den Dezember, die man sich unbedingt merken sollte.
Zuvor am 30. November eröffnen wir unsere Ausstellung „Tandem – Fotolehrende und ihre Studierenden“ um 18.30 Uhr im Wissenschaftspark Gelsenkirchen. Mit dabei sind die Hochschulen Bielefeld, Darmstadt, Dortmund, Esslingen, Halle, Münster, Mannheim, Schwerte. Am selben Tag veranstalten wir gemeinsam mit der Folkwangschule Essen und der FH Dortmund eine interne Fachkonferenz zur Frage „Die Zukunft der Fotografie“ und zu den beruflichen Perspektiven in der Fotografie von morgen. Mit dabei sind außer den Ausstellungsbeteiligten und den Veranstaltern noch die Hochschulen Bremen, Hildesheim, Nürnberg, Saarbrücken, Siegen, St. Pölten sowie das MuseumFolkwang, die DGPH, die Gesellschaft für Humanistische Fotografie, das Netzwerk Fotoarchive und Klaus Honnef himself. Also eine exzellent besetzte Gruppe, die da ihre Köpfe zusammensteckt. Wenn da nichts Gescheites bei raus kommt, wann dann? Uns geht es vorrangig darum, Sprungbretter für den fotografischen Nachwuchs zu schaffen. Schaun´ wir mal.
Am 30. November und 1. Dezember findet nahezu parallel (nun schon zum vierten Mal) „Licht an“ statt. Galerien und Ateliers der Galeriemeile Gelsenkirchen öffnen an einem langen Kunstwochenende ihre TĂĽren und schaffen besondere Angebote. Im Bereich der Fotografie gibt es neben der Tandem-Ausstellung eine sehenswerte Ausstellung von Martin Steffen in der Heilig Kreuz Kirche mit dem Titel: „Kampf und Glaube“ ĂĽber den Gelsenkirchener Boxer Francesco Pianeta und dessen Vorbereitung und Kampf gegen Wladimir Klitschko. Weitere Fotoausstellungen sind in der bild.sprachen Stadtteilgalerie (Best of Workshop) in der Galerie Hundert (Menschen im Ruhrgebiet), bei EURASIA (Feuerwerk – Fotografien von Roland Berger) und in GleisX – Kirche fĂĽr junge Menschen (Gott wohnt in unserer Stadt – Fotoausstellung von Jugendlichen). Auf nach Ăśckendorf!
Und am 6. Dezember machen wir noch zusätzlich eine Veranstaltung (Bilderschau und Diskussion) im Rahmen der Preisverleihung „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ um 18.30 Uhr im Wissenschaftspark Gelsenkirchen. Pixelprojekt_Ruhrgebiet hatte sich um diese Auszeichnung beworben und ist als eine der besten Ideen zur Gestaltung der Zukunft von Städten von einer hochrangigen Jury (u.a. mit Martin Roth, Direktor des Victoria and Albert Museums in London, Michael HĂĽther, Direktor vom Institut der deutschen Wirtschaft, Ansgar Burghof, Intendant der Deutschen Welle, Stephanie Bschorr, Präsidentin des Verbands deutscher Unternehmerinnen, Thomas KrĂĽger, Präsident der Bundeszentrale fĂĽr politische Bildung, Klaus Dieter Lehmann, Präsident des Goethe Instituts …) aus insgesamt rund 1.000 Bewerbungen ausgewählt worden. Diskutieren werden Reinhard Krämer vom Kultusministerium, JĂĽrgen Fischer vom Regionalverband Ruhr (RVR), Michael von der MĂĽhlen, Stadtdirektor in Gelsenkirchen und Theo GrĂĽtter, Direktor des Ruhr Museums. Zu sehen sind Bilder von Bettina Steinacker, Manfred Vollmer und Tom Pflaum. Ich freue mich schon jetzt!
Wer sich mitfreuen möchte, bitte ich um Anmeldung unter info@pixelprojekt-ruhrgebiet.de.
(Wer glaubt, mit dem Gewinn der Auszeichnung sind wir auf Rosen gebettet, sei versichert – das Gegenteil ist der Fall. Es gibt Ehre aber kein Geld, dafĂĽr kostet uns aber die Veranstaltung den einen oder anderen Euro.)
Empfehlen möchte ich noch unbedingt die Ausstellung von Taryn Simon – „There are some who are in darkness“. Die amerikanische Fotografin Taryn Simon zeigt Arbeiten aus ihren drei umfangreichen Werkreihen „The Innocents“, „An American Index of the Hidden and Unfamiliar“ und „A Living Man Declared Dead and Other Chapters I – XVIII“. International bekannt wurde Taryn mit ihren inszenierter Porträts die von Fällen von zu Unrecht verurteilter Menschen berichten. Damit stellt sie zugleich die Beweiskraft von Fotografie in Frage. Die Ausstellung läuft noch bis zum 4. März 2014.
Der nächste Höhepunkt im Museum Folkwang folgt ab dem 30. November mit der Fotoinstallation von Douglas Gordon – Everything is nothing without ist reflection – A photographic Pantomine. Eröffnung am 29.11. um 19.00 Uhr.
Und für alle, die zur Paris Photo fahren, sei darauf hingewiesen, dass das Museum Folkwang in diesem Jahr als eine von insgesamt drei Institutionen dazu eingeladen ist, sich im Grand Palais zu präsentieren. (Die Paris Photo sollte man zumindest einmal im Leben besucht haben! Das als ultimativer Tipp!)
Empfehlen möchte ich ferner die Fotoausstellung von Jens Liebchen und dem Künstlerpaar Clare Strand / Gordon MacDonald im Kunsthaus Essen. Jens Liebchen zeigt seine Arbeit Tsukuba-Narita, die er am 13.3.2013 zwei Tage nach dem fürchterlichen Erdbeben und der Reaktorkatastrophe in Fukushima während einer Busfahrt zum Flughafen fotografiert hat. Menschenleere Straßen, ein Auto, das quer am Wegesrand steht und ein überstrahltes diffuses Licht in allen Bildern lassen uns an der radioaktiven Strahlenangst teilnehmen. Die Arbeit von Clare Strand und Gordon MacDonald zeigt Ikonen der Fotografie ohne Fotografien zu zeigen. Strichzeichnunge, in denen die Striche zum Teil ausgelassen sind und statt dessen Zahlen zu sehen sind, die das geistige Auge verbinden kann, lassen die eingebrannten Bilder unseres kollektiven fotografischen Gedächtnisses entstehen. Am Sonntag dem 15.12.2013 um 16 Uhr
findet dazu eine Podiumsdiskussion: „Zur Nachhaltigkeit journalistischer Fotografie“ statt. Auf dem Podium befinden sich zumindest Christiane Kuhlmann, Jens Liebchen und ich. Ob Dirk Gebhardt auch mit dabei sein wird, ist im Moment noch nicht klar.
Ende Oktober haben die ersten Aktionen des SCHAU – Fotofestivals in Dortmund begonnen, die bis Juni 2014 im Dortmunder Unionviertel stattfinden und dann in einer groĂźen dreitägigen internationalen Portfolioschau im Dortmunder U enden werden. Ermöglicht wird dies nicht zuletzt ebenfalls durch eine Förderung der Kreativ.Quartiere Ruhr. Auch das Land NRW scheint die Fotografie als kulturelle SchlĂĽsselqualifikation des Ruhrgebietes entdeckt zu haben. Begonnen hat es mit einem Fotomarathon mit Einwegkameras, deren Ergebnisse in einer Ausstellung im Dortmunder U mĂĽnden sollen. Aktuell finden die sogenannten Foto-Talks in der „ständigen Vertretung“ am Hohen Wall 15 statt. Die nächsten Talks in kleiner Runde sind am 20.11. und am 4.12. Beim letzten Talk zwischen dem Stadtplaner Jan Fasselt und mir hat dieser eindrĂĽcklich die Möglichkeiten von Kultur fĂĽr stadtplanerische Prozesse beschrieben. Ob man mit den jährlich 10 Mio. Euro Fixkosten fĂĽr das Dortmunder U den Stadtteil nicht auch wesentlich effektiver gemeinsam mit der Szene aufwerten könnte, blieb im Hypothetischen. Das was fĂĽr das U gilt, gilt natĂĽrlich auch fĂĽr andere LeuchttĂĽrme wie Zollverein oder das neue Musikzentrum in Bochum.
Ein weiterer Tipp (auch gerade im Hinblick auf das Fest der Geschenke) ist sicher das Buch von ruhr.speak-Autor Dieter Zinn „Foto-Karaoke“, das druckfrisch erschienen ist. Bei ruhr.speak werden in unregelmäßigen Abständen Ausschnitte aus diesem 248seitigen Mammut-Textwerk veröffentlicht. Das Buch ist im mitteldeutschen Verlag erschienen und kostet 19,95.
Hinweisen möchte ich ferner auf das Blog des Zentrums für Fotografie in Winterthur. Unter dem Begriff „still searching“ lädt das Fotozentrum Fotodenker zum bloggen ein. Current Blogger ist der New Yorker Kurator und Autor Marvin Heifermann.
Schon jetzt möchte auf eine Veranstaltung im Ruhrmuseum „Erinnerungsorte Ruhr” am 13. und 14. Dez. hinweisen. Freitag gibt es Vorträge und Diskussionen, Samstag Workshops zu Themen wie Landschaft, Menschen, Arbeit, Krisen und Konflikte, Kultur und Vormoderne. Das hört sich nach jeder Menge Input (auch fĂĽr Fotografen) an.
Und last but not least. Denkt unbedingt daran, eure Veröffentlichungen bei der VG Bild-Kunst zu melden. Die VG Bild-Kunst erhebt Einnahmen aus der Verbreitung von fotografischen Werken via Kopierer, CD Brennern, Lesezirkeln, Büchereien, Internetseiten usw. und verteilt diese an die Urheber. Hier geht es nicht um Riesenbeträge, aber ein kleines Weihnachtsgeld tut auch freien Fotografen ganz gut.
Peter Liedtke ist Projektleiter bild.sprachen und Initiator von Pixelprojekt_Ruhrgebiet. Er gibt für ruhr.speak einmal im Monat persönliche Tipps zur Fotowelt (an der Schnittstelle zur Urbanität) im Ruhrgebiet, aber auch anderswo.