Schon lange wirft die photokina ihre Schatten voraus – leuchtende und dunkle. Zu den dunklen Schatten zählt der schrumpfende Markt für Fotoequipment und damit einhergehend weniger Messestände und damit einhergehend ein geringeres Engagement für das Kulturprogramm der Messe.
Die Visual Gallery – kultureller Höhepunkt der vergangenen Messen – ist fĂĽr dieses Jahr abgesagt. Es bleiben die Leica Galerie, der Canon Profifoto Förderpreis, Ausstellungen des Zingst Naturfotofestivals, und die Vergabe des Deutschen Jugendfotopreises, sowie viele andere. Und auch die photokina – academy findet in diesem Jahr erneut statt, nachdem die Messeveranstalter dieses wunderbare Format vor zwei Jahren in die Besenkammer gestellt hatten. Neu in diesem Jahr die photokina sales gallery in Kooperation mit der Art Cologne.
Einer derjenigen, die der photokina bereits den Rücken gekehrt haben, ist der Kölner Fotobuchexperte Markus Schaden, der Ende August das lange vorangekündigte Photobookmuseum im Kölner Carlswerk – einer der goldenen Schatten- eröffnet hat. Mit der internationalen Photoszene Köln hatte die photokina schon lange ein kulturelles eigenständiges Standbein in der Stadt, das für viele das wirklich „Muss“ in der photokina Zeit darstellt. In diesem Jahr ist das Photoszene-Festival, das der Förderung der künstlerischen Fotografie dient, zumindest personell neu aufgestellt. Mit Heide Häusler,
 Inga Schneider (beide DGPh Vorstand in der Sektion Bild),
Nadine Preiß und
Damian Zimmermann ist das Team gut aufgestellt und das Projekt „Chargesheimer reloaded“ – eine Hommage an die Arbeit „Köln 5 Uhr 30“ initiiert eigene Produktionen.
Ich bin gespannt und werde sowohl zu der Preisverleihung des Dr.-Erich-Salomon-Preis 2014 an Gerd Ludwig am 20. September um 18.30, als auch mit einem eigenen kleinen Vortrag während der Freelens Ausstellung „Rheine Träume“ (u.a. mit der Pixelprojekt-Arbeit von Guntram Walter – „Lebe wohl – Bruckhausen“) am 21. September um 16 Uhr in alten Industrieräumen am Designhotel „The New Yorker“ in Köln sein.
Das Photobookmuseum habe ich schon zu Eröffnung gesehen und kann den Besuch deutlich (als 1. Tipp) empfehlen. 2. Tipp ist die Photoszene Köln.
Die photokina ist kein wirklicher Tipp – eher schon ein – „eigentlich muss man da gewesen sein“.
Empfehlen kann ich auch (als 3. Tipp) den Besuch des Noorderlicht-Festivals, in diesem Jahr in Leeuwarden, der zukünftigen Kulturhauptstadt Europas 2018. In der Hauptausstellung im wunderschönen Fries Museum finden wir u.a. auch Ausschnitte der Arbeit „Von Ameisen und Sternenkörpern“ von Jens Sundheim, die in diesem Jahr neu in das Pixelprojekt_Ruhrgebiet aufgenommen wurde.
Der September ist auch Ruhrtriennale-Monat (bis 28. September). Bei der Triennale geht es zwar nach wie vo leider nicht um Fotografie – nicht Mal auf einer Nebenbaustelle – aber um Bilder. Und diese Bilder haben mich bei den drei Produktionen, die ich gesehen habe, schwer beeindruckt. „De Materie“ bespielt die Kraftzentrale im Landschaftspark Duisburg-Nord und erweckt die Halle zu neuem und anderem unvergesslichen Leben. „Le Sacre de Printemps“ schafft einen neuen Maschinenpark in der Gebläsehalle des o.g. Landschaftspark, der zu der Musik von Igor Strawinski (leider nur aus der Konserve) Knochenmehl in einem lichtdurchfluteten Kunstraum verstreut.
Und last but not least, die neue Produktion des Bilderstars Mathew Barney, der in seinem Film „River of Fundament“ die Themen industrielle Verwüstung, Auto, Wiedergeburt und Intellektualität behandelt und zu einer gefilmten Oper zusammenfasst. In seinem Film sieht man deutlich die Kraft der Bilder, die sich als Einzelbilder ins Gedächtnis haften!
Mit diesen drei Produktionen wird für mich deutlich, dass die Triennale nun endlich (auch nach Produktionen wie „Zauberflöte“ von La Fura dels Baus 2003 oder „Rubens“ 2006 nun wirklich die Auseinandersetzung mit dem industriellen Ruhrgebiet und ihren Spielstätten aufgenommen hat. Oben genannte Produktionen hatten mich eher auf Distanz zu dem Festival gebracht. Nun werde ich wohl doch noch zum Fan und empfehle das Programm als 4. Tipp ausdrücklich.
Zum Thema Film gleich mein 5. Tipp: Der neue Film des niederländischen Fotografen Anton Corbijns „A most wanted man“ startet am 11. September. Ich werde mir den sicher ansehen“
Als 6. Tipp möchte ich euch unbedingt die Auseinandersetzung mit Crowdfunding Projekten wie bei startnext ans Herz legen. Marie Köhler , die auch auf der „Surprise me 2014“ ausstellen wird, hat ihr Afrikaprojekt u.a. mit Crowdfunding finanziert, die Kölner Fotografengruppe rund um den Pixelprojekt Fotografen Matthias Jung hat ihr Fotobuch „elf uhr elf“ nicht zuletzt mit Crowdfunding finanziert und das Photobookmuseum (siehe oben) wurde durch Crowdfunding möglich.
Dass es hier auch schon Mal um größere Beträge gehen kann, demonstrierte unlängst c/o Berlin, die 122.655 Euro fĂĽr die Ausstattung ihrer Ausstellungsräume in 45 Tagen gesammelt hatte. Allerdings nicht jedes Projekt fĂĽhrt zum Erfolg. Wie startnext funktioniert und wie man das Geldeinsammeln erfolgreich zum Ziel fĂĽhren kann, wird ein startnext-Mitarbeiter in einem Workshop während der “surprise me” am 28. oder 29. September verraten, womit ich bei meinem Tipp 6a wäre.
Tipp 7 ist die „surprise me“ selbst, die in diesem Jahr insbesondere Fotoprojekte zeigen wird. Prämiert wird mit Unterstützung der Sparkasse Gelsenkirchen das beste Fotoprojekt mit 2.500,- Euro. Die Plattform dient dazu, Macher und Ermöglicher, Fotografen und Unternehmer, Museumsleiter, Galeristen, Art-Buyer, aber auch Unterstützer jeglicher Couleur Face to Face zusammenzubringen. Bewerbungen sind noch bis zum 10. Oktober möglich.
Tipp 8: Noch bis zum 13. September kann man sich bei dem Projekt „Bridges“ und unter dem Thema „Chaos-Control“ mit fertigen Arbeiten bewerben. Es geht um insgesamt 15.000,- Euro.
Tipp 9: Noch bis zum 8. November kann man sich um ein Stipendium der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach- Stiftung für zeitgenössische Fotografie (oder einfach Krupp-Stipendium bewerben. Es geht um 2 Stipendien zu jeweils 10.000,- Euro.
Tipp 10: Die Wüstenrot Stiftung sucht auf Werkvertragsbasis einen neuen Kurator für den Wüstenrot Dokumentarfotografie Förderpreis. Bewerbungsschluss ist der 10. September.
Tipp 11: Bis zum 31. Oktober kann man sich um ein Arbeitsstipendium (18.000,- Euro) oder um einen Projektkostenzuschuss (max. 25.000,- Euro) bei der Stiftung Kunstfond bewerben.
Tipp 12: Das Land Niedersachsen sucht für seine Landesvertretung in Berlin die/den erste/n Vertretungserzähler/in. Diese Ausschreibung richtet sich ausdrücklich an junge Fotografinnen und Fotografen. Es winken 10 Monate lang je 500,- Euro.
Tipp 13: Auch wenn ich Gefahr laufe, durch die Hervorhebung einer Ausstellung anderen vor den Kopf zu schlagen, möchte ich zum Besuch der Ausstellung „Ein Leben“ von Pixelprojekt-Fotograf Knut Wolfgang Maron raten. Die Ausstellung in der es um die Mutter des Fotografen geht, ist bis zum 28. September im Baumhaus in Wismar zu sehen.
Tipp 14: Die Ausstellung „Ruhr Kunst Szene“ der Ruhrkunstmuseen mit 50 Positionen in zehn Museen u.a. mit den Pixelprojekt-Fotografen Peter Buchwald, Hans Blossey und Anton Stankowsky (alle im Kunstmuseum Gelsenkirchen), aber auch den Fotografen Timm Rautert, Martin Gensheimer, Johannes Gramm, Thomas Schweigert und Denise Winter. Wenn mir vor 10 Jahren jemand erzählt hätte, dass sich die kommunalen Kunstköniginnen und Kunstkönige unter einem gemeinsamen Label zeigen würden, hätte ich es nicht geglaubt und wenn man genauer hinsieht, stellt man auch fest, dass das Museum Folkwang genauso fehlt wie das Lehmbruckmuseum Duisburg oder das Quadrat Bottrop.
Tipp 15: Bei der Stiftung Kulturwerk der VG Bild können sich Fotografen um einen Projektzuschuss bis zu 8.000 Euro bewerben. Nächster Bewerbungsschluss ist der 15. November. In der letzten Runde war die Pixelprojekt-Fotografin Petra Wittmar mit dem Projekt „Bauernhöfe“ unter den Auserwählten.
Der Herbst wird heiĂź!
Peter Liedtke ist Projektleiter bild.sprachen und Initiator von Pixelprojekt_Ruhrgebiet. Er gibt für ruhr.speak einmal im Monat persönliche Tipps zur Fotowelt (an der Schnittstelle zur Urbanität) im Ruhrgebiet, aber auch anderswo.