Die Ausstellung der Neuaufnahmen in das Pixelprojekt_Ruhrgebiet ist nun fast vorbei und wenn ich mehr Zeit hĂ€tte, wĂŒrde ich mir wahrscheinlich Sorgen um dessen Zukunft machen. Gibt es eigentlich Freiberufler im Kreativbereich ohne Sorgen?
Aktuell treibt mich unsere nĂ€chste Ausstellung im Wissenschaftspark Gelsenkirchen zum EuropĂ€ischen Architekturpreis 2015 mit dem Thema “Nachbarschaft”. Auch wenn wir diese Ausstellung vom Verein architekturbild ĂŒbernehmen, mĂŒssen doch diverse Arbeiten von der Gestaltung der Einladungskarte und des Plakates, ĂŒber Organisation der Versandaktion bis hin zur Gestaltung der Eröffnungsveranstaltung geplant werden. Und aufgebaut werden muss die Ausstellung auch noch, nachdem wir zuvor den Abbau der Pixelprojektausstellung organisiert haben.
Alles mehr oder weniger kleine Schritte, aber allein die Abstimmung einer Einladungskarte zwischen Leihgeber, Geldgebern, Rednern, Grafiker kann schon ein kleines Abenteuer werden. Und auch wenn man ja schon eine Menge Erfahrung und Routine besitzt, wundert man sich schon, dass in der Abstimmung plötzlich ein Name verschwindet und vor allem, dass es erst auffĂ€llt, nachdem man diese Karte unrĂŒckholbar in Auftrag gegeben hat. Das kostet eigenes Geld! Vielleicht sollte man sich einfach bei Temperaturen ĂŒber 30 Grad hitzefrei geben und den Arbeitstag nach spĂ€testens 10 Stunden beenden und vielleicht auch die Wochenenden fĂŒr Regeneration nutzen!
Aber selbstbestimmte Arbeit macht halt SpaĂ und ist eigentlich auch ein Privileg. Also Schluss mit Klagen!
Ende Juni hatte ich dann noch eine ganz besondere Erfahrung. Pixelprojekt_Ruhrgebiet Fotograf Bernd Langmack hat seine aktuelle und langfristige Arbeit zu Duisburg Bruckhausen im Haus der Geschichte des Ruhrgebiets in Bochum ausgestellt und zur Eröffnung geladen. In seinen eigenen Worten beschrieb er den Ort als das Gegenteil eines White Cube, aber als inhaltlich richtigen Ort fĂŒr diese Ausstellung. Es gab Worte von Institutsdirektor Stefan Berger, vom Direktor des Ruhrmuseum Theo GrĂŒtter, des Schriftstellers Ullrich Land und des Fotografen Bernd Langmack selbst. Zum Ende stellte dann Stefan Berger die Frage, ob es noch Fragen oder Anmerkungen gĂ€be und man wĂ€hnte sich schon im Vernissagentalk beim gekĂŒhlten WeiĂwein.
Zaghaft gab es erste Anmerkungen und dann weitere und schlieĂlich befand man sich in hitzigen und zum Teil kontroversen Auseinandersetzungen. Man stritt sich ĂŒber in Duisburg-Bruckhausen, wo viele GebĂ€ude abgerissen und somit auch soziale Strukturen zerstört wurden, um einen GrĂŒngĂŒrtel als AbstandsflĂ€che zwischen Wohnnutzung und ThyssenKrupp Hochofenanlagen zu schaffen, so wie es eine neue EU-Norm verlangt). Grandios fand ich, dass Fotografien zu einem intensiven gesellschaftlichen Dialog um die Gegenwart und Zukunft des Ruhrgebietes Anlass gaben. Wenn Fotografie das schafft, ist sie fĂŒr mich zumindest tausend Mal wertvoller als Bilder in Museen, die zur Unterhaltung einer selbsternannten (Finanz/Kultur/Bildungs-) Elite dienen. Nach der Wirkung sollten wir streben, nicht nach Glanz und Gloria! Aber am Timing mĂŒssen wir noch arbeiten. Der Dialog gehört in die Zeit vor den vollendeten Tatsachen â nicht danach!
Nun zu den Tipps!
Tipp 1: Definitiv â Besuch von FlashSoundUp, unserer langen Nacht der Fotografie mit GroĂprojektionen und Live Musik. Jetzt -gegen Ende des âBewerbungsverfahrens- trudeln die Serien haufenweise ein und ich bin begeistert. Aber mir graut auch vor der Auswahl. Worauf soll man verzichten?
28. August nach Einbruch der Dunkelheit auf dem AuĂengelĂ€nde des Wissenschaftspark Gelsenkirchen (bei Regen gehen wir rein).
Tipp 2: Ich hab es ja bereits oben gesagt die Ausstellung des âEuropĂ€ischen Architekturfotopreises 2015â. Die Eröffnung ist am 20. August 2015 um 19 Uhr im Wissenschaftspark Gelsenkirchen.
Tipp 3: Den goldenen Container âcontainer R001â ein Projekt des belgischen Fotografen Jonny Vekemans und dem Projekt coalface (beheimatet in der belgischen Kohlestadt Gent) besuchen und vielleicht auch an einem seiner Workshops teilnehmen. Er macht Lochbildkamerafotos (was fĂŒr manche ein alter Hut sein mag) und arbeitet die Fotos dann als Cyanotypien (einem alten fotografischen Verfahren, das zu blauen Fotografien fĂŒhrt) aus. Insbesondere das letzte lohnt sicherlich.
19. bis 31. 8. 2015 auf dem AuĂengelĂ€nde des Wissenschaftspark Gelsenkirchen
Sondertipp 1-3: Am 28. August erst die Ausstellung besuchen, dann einen Workshop machen und schlieĂlich bei FlashSoundUp chillen!
Tipp 4: Bei der Image Now-Plattform am 27. und 28. November teilnehmen. Die Anmeldeformulare sind jetzt fertig und gehen in den nÀchsten Tagen raus.
Parallel findet in Essen (im Sanaa GebÀude auf Zollverein) ein Symposium zum 100. Geburtstag von Otto Steinert statt.
Tipp 5: Die Ausstellungen âAbriss in Bruckhausenâ von Bernd Langmack im Haus der Geschichte des Ruhrgebiets (bis Februar 2016)
und âKeine Kohle mehr â Leben. Mit und nach der Kohleâ der beiden Fotografen Thomas Stelzmann und Wolf R. Ussler in Deutschen Bergbaumuseum (bis zum 31. Juli ) ebenfalls in Bochum besuchen.
Tipp 6: Auch die anderen Ausstellungen in unserem Kalender beachten.
Tipp 7: Dem aktuellen Blogger Fahim Amir im Winterthur Blog still searching folgen.
Tipp 8: Um den nĂ€chsten WĂŒstenrot Förderpreis bis zum 1. Oktober bewerben. Nur fĂŒr (Foto) Hochschulabsolventen. Es geht um 4 x 10.000,- Euro
Tipp 9: Die neuen BĂŒcher von Rudi Meisel âLandsleute 1977-1987 â Two Germanysâ, âAbriss in Bruckhausen â ein Stadtteil wird vernichtetâ von Bernd Langmack und âCatchâ von Wolfgang Zurborn beachten. Gibt es alle im Pixelprojekt bookshop.
Tipp 10: Immer noch und immer wieder â den Sommer genieĂen!
Peter Liedtke ist Projektleiter bild.sprachen und Initiator von Pixelprojekt_Ruhrgebiet. Er gibt fĂŒr ruhr.speak einmal im Monat persönliche Tipps zur Fotowelt (an der Schnittstelle zur UrbanitĂ€t) im Ruhrgebiet, aber auch anderswo.