Eine helle Sandspur führt durch das grüne Dickicht, vorbei an einem Wohnplatz mit Zelt und Kochstelle. Der Besucher erreicht einen freien Platz, Stühle mit bunten Decken warten auf Zuschauer, eine imaginäre Bühne für die Besucher der Vernissage ist bereitet.
Laetitia Eskens hat hier, auf dem Brachgelände am FKT (Freies Kultur Territorium) im Bochumer Springerviertel, Anfang September das Leben auf der Brache erprobt. Zusammen mit Felix Hauke, Michael Schröder, Anna Knüppel und Ben Monks hat sie sich das Kunstprojekt 5/4 ausgedacht, mit dem die Fünf das Gelände und den Stadtteil zwei Wochen lang erforscht haben. Die Ergebnisse ihrer künstlerischen Auseinandersetzung präsentierten die Studenten des Fachbereichs Fotografie der Folkwang Hochschule der Künste in Essen anschließend im und am FKT.
Fotografie war den Fünfen dabei eher Ausgangspunkt als Grenzsetzung ihrer Arbeit. Sie wollten umfassender „freier“ denken. Und so hat Laetitia Eskens ihr Leben im Zelt gezeigt und die Veränderungen, die sie zusammen mit anderen an ihrer Natur-Umgebung vorgenommen hat – nicht auf Fotopapier, sondern im Freien und im FKT-Gebäude in einer dunklen „Wohnhöhle“ auf drei Fernsehbildschirmen.
Anna Knüppel hat auf der Brache gesammelt: wunderbar gerade gewachsene mannshohe Birkenzweige, ein Schneckenhaus, Glasscherben, leere Kastanienhüllen, Kaninchenköttel, den bizarr geformten Überrest einer Lampenbirne und vieles mehr. Ihre Fundsachen hat sie fotografiert und in einem Schuhkarton-großen Kasten archiviert, streng nach Nummern geordnet. Das Archiv, ein Luftbild mit den markierten Fundorten und die reale Gegenstände formten eine raumgreifende Installation in der Ausstellung.
Felix Hauke hat gesessen: An sieben Tagen jeweils vier Stunden lang an immer dem gleichen Tisch mit zwei Stühlen unter einer Brücke im Stadtteil. Jede Minute hat seine Kamera von der Straßenseite gegenüber ein Foto von ihm gemacht, ein Mikro hat Geräusche und Gespräche aufgenommen. Felix Hauke wollte künstlerisch „direkt arbeiten“. Fünf Gespräche mit Passanten hat er zu einer Collage aus Bildsequenzen und Tönen zusammengefügt. Im Ausstellungsraum konnten Besucher auf den beiden Plastikstühlen Platz nehmen und die Collage auf einem TV-Bildschirm betrachten.
Michael Schröder präsentiert in der Ausstellung zwei Fotoarbeiten: Die sattgrüne Aufnahme einer formatfüllenden Brombeerranke und eine größer-formatige zartweißgrüne Ahnung der Brachlandschaft.
Ben Monks war nachts unterwegs: Mit Stativ und langer Belichtungszeit hat er geheimnisvolle, verwischte schwarz-weiße, kleinformatige Bilder von Häusergiebeln und anderen Gebäudedetails gegen den scheinbar hellen Nachthimmel gemacht.
Die Besucher der Vernissage nehmen in der Dämmerung auf den Stühlen auf der Brache Platz und beenden ihr gemeinsamen Kunsterlebnis mit einer warmen Suppe.
Die Expedition in die Wildnis mitten in der Stadt ist vorerst beendet. Die Studenten kehren zum Wintersemester in die Uni zurück.
Infos: ktbo.blogspot.de
Text: Martina Kötters