Der September begann mit dem zweitägigen Auftaktsymposium „Urbane Künste“ in der Jahrhunderthalle Bochum, lockt mit der Ausstellung „Architekturfotografie in China“ im Museum für angewandte Kunst nach Köln (u.a. mit Arbeiten der Pixelprojektfotografen Michael Wolf, Tania Reinicke und Ben Plefka) und wird mit der bild.sprachen Messe 2012 enden.
Zwischendrin ist die photokina und damit verbunden die Ausstellungen der Photoszene Köln. Nächstes Wochenende findet die Visionskonferenz zur Kulturagenda Westfalen in Hamm statt und dann gibt’s direkt im Anschluss das extraklasse-Festival im Ruhrgebiet – darin unsere erste „Nuit de la Photographie“ (frei nach Arles) in Gelsenkirchen-Ückendorf.
Das Symposium „Urbane Künste“ am 30. und 31. August in Bochum hallt noch nach. „Urbane Künste“ ist mit dem Anspruch angetreten, die erfolgreichen Formate der Kulturhauptstadt weiterzuentwickeln. Ausgestattet mit rund drei Millionen Euro pro Jahr, einem schlanken Team und einer jungen Chefin. Katja Assmann vermittelt glaubhaft ihr Ziel, Regionales mit Internationalem zu verknüpfen und Konflikte zwischen freien Initiativen und institutionalisierten Kulturbetrieben aufzulösen.
In Bochum wurden erste Projekte aus dem ambitionierten, frechen und engagierten Programm vorgestellt. Fotografie fehlte leider völlig, außer als Medium, um sonstige Kunstereignisse zu dokumentieren oder zu illustrieren. Immerhin wird Film („Blicke aus dem Ruhrgebiet“) eine neue Plattform am Rande der Emscherkunst finden.
Doch „Urbane Kunst“ ist kein „closed shop“ und es liegt an uns, die reflektierende Kraft des Mediums Fotografie weiter ins Gespräch zu bringen und Projekte zu entwickeln.
Was die Visionskonferenz Westfalen am 7. und 8. September in Hamm bringen wird, (ich denke Anmeldungen sind noch möglich) bleibt abzuwarten. Für uns Ruhrgebietler nach wie vor eine absurde Situation – auf der einen Seite die starken Kommunen, auf der anderen die Regierungsbezirke (Düsseldorf, Arnsberg und Münster) und auf der nächsten Ebene die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen. Eigentlich wollen wir doch nur arbeiten!
Am 8. September um 19 Uhr wird dann in den Scheidt‘schen Hallen in Essen das zweite extraklasse-Festival eröffnet. Das Festival in Nachfolge des Festivals Kreative Klasse Ruhr, das seinerseits aus der Kreativen Klasse Essen (beides Projekte von Barbara Wendling) hervorgegangen ist, befindet sich nun in den Händen der Szene selbst, verbunden mit all den üblichen Schwierigkeiten – angefangen beim mangelnden Geld.
In vielen Städten gibt es jetzt sogenannte Ankerpunkte, wie z.B. im Kreativquartier Lohberg oder auch in unserem Kreativquartier „Galeriemeile Gelsenkirchen“. Im Rahmen des Festivalprogramms veranstalten wir am 14. September unsere erste „Nuit de la Photographie“. Jeder der jemals beim Fotofestival in Arles (dem wohl wichtigsten europäischen Fotografieereignis) war, wird diese provenzalischen Bild- und Partynächte nicht vergessen.
Wir kommen mit unseren vier Ausstellungsführungen (ab 18 Uhr Heilig Kreuz Kirche – Brigitte Kraemer, Galerie Hundert – Tobias Uhlmann, Stadtteilgalerie bild.sprachen – Robert Freise und Wissenschaftspark Gelsenkirchen – Pixelprojekt_Ruhrgebiet (Peter Liedtke) zwar nicht annähernd an das Vorbild heran, aber dennoch muss man ja Visionen, Wünsche und Träume behalten.
Am 18. September startet dann die photokina in Köln – die wichtigste Messe zur Fototechnik in Europa. Für die, bei denen nicht nur die Technik sondern auch die Bilderschauen in einem besonderen Fokus stehen, hat es deutliche Veränderungen gegeben. Die Visual Gallery gibt es nicht mehr (Kostengründe) und damit fehlen wichtige Ausstellungen.
Doch es bleibt die Präsentation der Hochschulen „photokina academy“ (nun Halle 4) und auch die Schau des renommierten Deutschen Jugendfotopreis (Halle 5) und das eine oder andere mehr.
Gespannt sein darf man auf die Leica Halle (Halle 1). Hier sollen Ausstellungen zu international renommierten Fotografen, historische Kameras und Fotografien gezeigt werden. Ob hier z.B. auch quadratische Fotos oder nur klassische 2:3 (Leica) Kleinbildformate gezeigt werden, bleibt abzuwarten. (photokina bis 23. September)
Aber es gibt ja auch noch die Photoszene Köln. Vom 1. bis zum 30. September zeigen 67 Aussteller an besonderen und gewohnten Orten in der Stadt Fotoausstellungen zu unterschiedlichsten Themen und mit unterschiedlichsten Bildsprachen. Besonderer Tag ist hier sicherlich der 20. September mit der Photographers Night und der Preisvergabe des BFF-Förderpreis & Reinhard Wolf Preis.
Am 21. September findet im Rahmen der Photoszene die Jahresversammlung der DGPh statt, die sich mit ihrem neuen Vorsitzenden Ditmar Schädel neu aufgestellt hat und sich wieder zu einer innovativen Vereinigung zu entwickeln scheint. Am Abend vergibt die Gesellschaft dann den Dr. Erich Salomon Preis an den Folkwang-Schüler und World Press Preisträger Peter Bialobrzeski.
Am 23. September halte ich schließlich selbst einen kleinen Vortrag im Carlswerk (Drahtlager), in dem ich die bild.sprachen Messe vorstellen werde. Im Carlswerk zeigt die freelens Gruppe Rheinland (die auch auf der bild.sprachen Messe vertreten sein wird) eine Ausstellungen mit Arbeiten ihrer Mitglieder.
Am 28. Und 29. September veranstalten wir dann selbst unsere mittlerweile vierte bild.sprachen Messe für (jetzt neu) Fotografie, visuelle Kommunikation und Marketing. Mehr als 50 Aussteller (aus Frankreich, Belgien, Österreich, den Niederlanden und natürlich Deutschland) zeigen ihre Bildsprachen und informieren über aktuelle und zukünftige Projekte.
Flankiert wird das Angebot durch ein interessantes Programm zu Bewegtbild, zu Multimedia, viralem Marketing, Filmkunst-Skulpturen, Urheberrecht, zur Hochschullandschaft in Deutschland sowie Ausstellungseröffnungen (z.B. 10 Jahre brandeins), Workshops, dem Preis für die beste bild.sprache, den Preisen für die beste junge bild.sprache und unserer ersten bild.sprachen-Party. Ausführliche Informationen auf unserer Internetseite und später wieder im ruhr.speak-Blog.
Neben den genannten Ausstellungen empfehle ich auch „At Home“ in der Ludwig Galerie Schloss Oberhausen (bis 16. September) mit Arbeiten von Pixelprojekt-Fotografen, die Porträtausstellung von Michael Dannemann in der Kunsthalle Dominikanerkirche Osnabrück (bis 9. September) und als besonderes Highlight die Ausstellung von Knut Wolfgang Maron in der Kunsthalle Erfurt (bis 4. November). Mit der Arbeit „Ein Leben“ setzt Maron seiner Mutter, vielleicht auch allen Müttern, ein Denkmal aus Liebe und gibt seinem eigenen schmerzhaften Abschiednehmen ein Bild.
Als ganz persönlichen Tipp möchte ich noch die Ausstellung „Gegenlicht“ von Kurt Blum, einem Zeit- und Stilgenossen von Otto Steinert im Fotohotspot Winterthur (bis 14. Oktober) empfehlen. Neben journalistischen Arbeiten, Künstlerporträts und experimentaler Fotografie (Lichtzeichnungen) beeindruckten mich insbesondere seine Arbeiten aus den Stahlwerken in Italien. Schade, dass gerade diese fantastischen Arbeiten (die sicherlich ihres Gleichen suchen) meines Wissens im Ruhrgebiet noch nicht gezeigt wurden.
Empfehlen kann ich auch den Projektraum Fotografie im Union Gewerbehof Dortmund der drei Fotografen Haiko Hebig, Daniel Sadrowski und Gerhard Kurz. (siehe auch die aktuelle Photonews) Hier wird seit Jahren auf private Initiative aktuelle Fotografie gezeigt und diskutiert. Zu sehen sind hier bis zum 6. Oktober Arbeiten von Benno Schlicht.
Und wer in Dortmund ist, sollte sicher auch einen Blick in den RWE Tower werfen. Gezeigt wird hier die Ausstellung „Beuys is here“. Noch vor zwei Jahren wäre es unmöglich gewesen, den Atomkraftgegner und Mitbegründer der Grünen im Zentrum der Atomlobby zu zeigen. Zu sehen ist u.a. das Plakat „Alternative Energie versus Nuclear Power“. Überhaupt kann man sich fragen, wie viel Bedeutung der Fotografie zur Verbreitung der Beuys‘schen Ideen zukommt. Immerhin sollen in der nächsten Ausstellung im Schloss Moyland (dem Ort mit der sicherlich größten Beuyssammlung überhaupt) auch diverse Fotodokumente gezeigt werden.
Und last but not least: Wer noch nicht bei der documenta 13 war, hat nur noch bis zum 16. September Zeit dazu. Ich selbst freue mich dort auf ein Treffen mit Rosa Maria Rühling, unserer Preisträgerin für die beste bild.sprache 2011, die das Kunstereignis offiziell für den Veranstalter dokumentiert.
Und das mir keiner sagt, er oder sie würde sich langweilen!
Es bleibt viel zu entdecken!
Peter
Peter Liedtke ist Projektleiter bild.sprachen und Initiator von Pixelprojekt_Ruhrgebiet. Er gibt für ruhr.speak einmal im Monat persönliche Tipps zur Fotowelt (an der Schnittstelle zur Urbanität) im Ruhrgebiet, aber auch anderswo.