Kerstin Meincke hat zusammen mit Ute Eskildsen die aktuelle Fotografie-Ausstellung „Afrika, hin und zurück“ im Museum Folkwang kuratiert. Sie hat 2010 ihr Fotografiestudium an der Folkwang Universität der Künste und an der Universidad Veritas in San José, Costa Rica, abgeschlossen und promoviert zurzeit im Artefakte-Programm an der Kunsthochschule für Medien Köln im Fach Kunstwissenschaft. Für ruhrspeak beantwortet sie Fragen zu ihrer kuratorischen Arbeit.
ruhrspeak: „Afrika, hin und zurück” geht zurück auf Ihre Abschlussarbeit, für die Sie in der Fotografischen Sammlung des Museums Folkwang geforscht haben. Was genau haben Sie erkundet?
Kerstin Meincke: In meiner Abschlussarbeit an der Folkwang Universität der Künste habe ich mich mit Germaine Krulls propagandistischer Bildproduktion für France libre während des Zweiten Weltkriegs im damaligen Französisch-Äquatorialafrika beschäftigt. Aus diesem Teil ihres Nachlasses, der sich seit 1995 im Museum Folkwang befindet, präsentiert die Ausstellung „Afrika, hin und zurück“ erstmalig eine Auswahl zentraler Aspekte.
ruhrspeak: War von Anfang an geplant, aus der Arbeit eine Ausstellung zu machen?
Die Idee zur der Ausstellung stammt ursprünglich von Ute Eskildsen, die mich im Anschluss an meine Recherchen fragte, ob ich eine Ausstellung kuratieren wolle, die Germaine Krulls Bilder unter Einbezug weiterer relevanter Positionen aus der Sammlung in einen größeren Zusammenhang stellt.
Die erarbeitete Konzeption versammelt Bilder europäischer und afrikanischer Fotografen, die in einen Zeitrahmen von über 80 Jahren umspannen. Sie zeigen Begegnungen im fotografischen Bild zwischen Kolonialzeit und globalem Kapitalismus der Gegenwart.
Die frühesten gezeigten Arbeiten entstanden in den 1920er Jahren, als der studierte Ethnologe Wolfgang Weber mit seinen bebilderten Reportagen für die fotografisch illustrierte Presse in Deutschland erstmalig Bilder der „Fremde“ massenmedial verbreiten konnte.
Chronologisch schließt sich Germaine Krulls Propagandafotografie für die aus dem Exil operierende französische Résistance während des Zweiten Weltkriegs in den politisch mit der Résistance kooperierenden Kolonien in Äquatorialafrika an.
Das Ende der Kolonialzeit um das Jahr 1960 thematisieren die deutschen Fotografen Robert Lebeck und Rolf Gillhausen sowie der aus Mali stammende Malick Sidibé fotografisch auf ganz unterschiedliche Arten. Sie zeigen ebenso Abhängigkeiten wie auch Emanzipation und Aufbruch.
Der südafrikanische Fotograf Pieter Hugo widmet sich gegenwärtigen »Kontaktzonen« globaler Machtasymmetrien am Beispiel der Elektroschrottverwertung in Ghana.
ruhrspeak: Sie stehen am Anfang Ihres Berufsweges. Werden Sie weiter als Kuratorin arbeiten?
Die Ausstellung „Afrika, hin und zurück“ soll auf Reisen gehen. Daher wird für mich der nächste Schritt die kuratorische Betreuung der geplanten Ausstellungstournee nach Afrika südlich der Sahara sein. Dort stehen wir mit dem Goethe-Institut in Lagos, Nigeria, in Kontakt.
Mir geht es darum, die Sammlungsbestände in ein neues Bezugsfeld zu setzen und in Verbindung mit lokalen Fotografen zu diskutieren.
Die Ausstellung „Afrika, hin und zurück“ ist noch bis 21. Oktober im Museum Folkwang in Essen zu sehen.
www.museum-folkwang.de
Interview: Martina Kötters
Foto: Kerstin Meincke und Robert Lebeck. ©Museum Folkwang, Jens Nober, 2012