KĂŒnstlersozialkasse: ein Wort, welches man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen darf. Ein drei Sterne MenĂŒ. Dann schmeckt es nach Bismarckscher Sozialgesetzgebung, im Biss hart und herzlich, bekommt dann einen SuppenkĂŒchen Ansatz mit SammeldosengewĂŒrz und am Ende schmeckt der Gaumen das metallische Rattern der Kasse.
Es scheint, als lĂ€uft ein abgemagerter KĂŒnstler durch die FussgĂ€ngerzone und sammelt fĂŒr ein soziales Projekt. Ehrenwert das Ganze, aber ein bisschen unzeitgemĂ€ss und bedauernswĂŒrdig. Dabei kann alles ganz anders sein.
Die Institution der KSK ist ein weiterer LĂŒckenfĂŒller in unserer mangelhaften Sozialversicherung, die auf den Ebenen der Rente, der Pflegeversicherung und auch der Krankenabsicherung zu kĂ€mpfen hat. Und das trotz Milliarden UmsĂ€tze, und bestĂ€ndiger NachrĂŒstung wie Riester oder RĂŒrup, Altersanpassung und Rentenschnitt. Alle gesellschaftlichen Ebenen sind in unser Rentensystem eingebunden. Vorne weg der Staat, er kontrolliert die Einnahmen der Versicherungspflichtigen sowohl seitens der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber. Und diese, bzw der Verband deutscher Arbeitgeber, fĂŒhlen sich durch den Staat in immer grössere ZwĂ€nge und Abgaben zwangsverpflichtet.
Der Verband mit mittelstÀndische Orientierung versucht nun mit Hilfe Ihre Lobbyisten, vorne weg die FDP, sich zumindest von einem Teil dieser ZwÀnge zu befreien, darunter die KSK.
Das zuviel Regeln und Tiefenstaffelung die GeschĂ€ftsmĂ€Ăigkeiten einschrĂ€nken und auch Geld kosten, ist ein verstĂ€ndliches Argument. Und Fakt ist leider auch, das viele Betriebe Ihren Anteil an die KSK nicht bezahlen. Das liegt auch an Unwissenheit. Ein BĂ€ckermeister, der sich ein paar Plakate von einem Grafiker gestalten lĂ€sst, weiss nichts von den 4,1%, bald vielleicht 5 %, die er an die KSK zu zahlen hat. Er hat wahrscheinlich nicht mal eine Konto Nummer, auf die er einzahlen kann. Aber um genau diese Firmen geht es, kleinere Betriebe, denen BuchfĂŒhrung oder Verwaltung zu teuer kommt. Grosse Companies mit eigener Marketing- und Ăffentlichkeitsabteilung wissen von diesen Verpflichtungen. Hier wird gezahlt. Allerdings weniger als angenommen, den viele der erfolgreichen KĂŒnstler, die mit den grössten TagessĂ€tzen, verdienen genug, sich eine alternative, private Altersvorsorge auf zu bauen.
Die Logik zwischen dem zuerst gesagten und den erfolgreichen KĂŒnstlern mit Privatversicherung verstehe ich dem Zusammenhang nicht!
Oder es werden auslĂ€ndische Produzenten herangezogen, da zieht das internationale Image. Ăhnlich wie bei den Architekten, die ansonsten den deutschen RegelsĂ€tzen verpflichtet sind.
Es geht um die rund 170.000 anderen Journalisten, Autoren, TĂ€nzer, Schauspieler, Fotografen, Mediengestalter usw., die unseren generellen Kulturauftritt jeden Tag aufs Neue gestalten.
Und die bekommen durchschnittlich 600,– Euro Rente. In der Regel gibt der KSK-Versicherte ein Jahres Einkommen von 16.000,– Euro an. Da ist klar, das weitere BetrĂ€ge zum Mindestunterhalt aufgerechnet werden mĂŒssen. Wieder muss der Staat ran, der doch gehofft hatte, mit der KSK dieser kritischen Gruppe positiv entgegen zu kommen. Denn es geht um Meinungsmacher.
In diesem Falle reden wir nicht vom armen Poeten, sondern von den viel gelobten Kultur- und Kreativschaffenden.
Der Kommunikationsdesigner, den freischaffende Journalisten, die selbststÀndigen Autoren in Wort, Bild, Bewegtbild und Ton.
Den Leuten also, die einen bestÀndig aufmerksamen Blick auf unsere grossdeutsche Gesellschaft haben, sie in Lupenperspektive zelebrieren und beschreiben. Und das permanent unterbezahlt.
Denn die Unterbezahlung der Leute, die Ihren Job sowohl mit Engagement als auch mit Freude betreiben, ist obligatorisch. Dr KĂŒnstler lebt halt von der Familie und seiner Selbstausbeutung.
Arbeit ist Kraft mal Weg, das sieht auch jeder KĂŒnstler ein.
Im VerhĂ€ltnis zur Zeit entsteht Leistung, und eine gute Leistung bringt der Kreative nur, wenn er möglichst reichlich Zeit zur VerfĂŒgung hat. Hier kehrt sich das Prinzip um, und niemand will diesen Zeitaufwand bezahlen. Und damit fliesst auch entsprechend wenig Geld auf das Konto der KSK.
Die Ausgliederung der freiberuflich TĂ€tigen der Kunst&Kultur Branche hat auch etwas Diskriminierendes. Die festangestellten Kollegen, beschĂ€ftigt in den Rundfunkanstalten, Verlagen, Agenturen und BĂŒhnen zahlen in die allgemeinen Versicherungskassen. Von dem generiertem Mehrwert dieser Leistung fliesst nichts in die KSK. So entsteht ein Wackelbild, einerseits der freie Kreativschaffenden, immer in die Rolle des zu UnterstĂŒtzenden, der vermeintlich vom Wohlfahrtsstaat lebt; andererseits der festangestellte, gut bezahlte Kreative, der im Besonderen damit beschĂ€ftigt ist, seine Position ab zu sichern.
Aber immer mehr werden von den grossen Verlagen und Anstalten in die Freischaffenheit entlassen, mĂŒssen die Verwaltungen doch gerade mit den hohen Personalkosten klarkommen.
Die Kostenbremse heisst also: absparen der VersicherungsbeitrÀge, nur noch die Arbeitsleistung bezahlen. Und schon ist das Problem der KSK grösser.
Somit bietet der Staat mit der KSK den grösseren Unternehmen eine MaĂnahme zur Einsparung auf Kosten der Kreativen und Ihrer Sozialversicherung. Und beruhigt das Gewissen derer, die ganze Redaktionen entlassen. Die Medienunternehmen sozialisieren damit die Verluste, entlassen ihre Mitarbeiter in die SelbststĂ€ndigkeit und streichen den Gewinn ein.
Das generelle Prinzip unserer gegenwÀrtigen Marktwirtschaft.
Insofern darf man auch gern mal darĂŒber nachdenken, ob es nicht toll ist, ohne KSK zu leben. Sie ab zu schaffen. Die darauf folgende Revolution kann verschiedene Ănderungen mit sich bringen.
Zum einen kann man mit der EinfĂŒhrung einer generellen Mindestrente rechnen.
Die Rep. Irland zahlt jedem SelbstĂ€ndigen, der minntest 6 Jahre seine Steuern gezahlt hat, eine Mindestrente von 1.200 Euro. Was ein solch Ă€rmerer Staat schafft, kann die BRD schon lange, aber keiner kann die FDP weiter weinen sehen. Also wird das nichts. Dennoch wĂ€re genau dies der richtige Schritt. Nicht nur fĂŒr uns KĂŒnstler, sondern generell fĂŒr Deutschland.
Wieviel 15jÀhrige arbeiten an einer Klassenarbeit und denken dabei schon an die Rente ? Mit wievielen ZukunftsÀngsten wird die jetzt heranwachsende Generation schon gestresst und auf eine neue, hÀrtere und schnellere Leistungsbereitschaft getrimmt. Hier wÀre Entlastung dringend nötig. Und wahrscheinlich wÀre eine Kostenersparung durch Wegfall vieler Àrztlicher Behandlungen grösser, als die zu zahlende Summe einer Einheitsrente, die doch wieder in den wirtschaftlichen Kreislauf einfliesst.
Schon jetzt steigen die Kosten fĂŒr medizinische Behandlung mit Psychophamarca bei Jugendliche, somatische Erkrankungen steigen, Schulpsychologen haben Arbeit ohne Ende. Hier muss der Druck raus.
Und die Krankenkassen verfĂŒgen ĂŒber einen Ăberschuss von jetzt ca. 27 Milliarden Euro. Die Techniker Krankenkasse will im nĂ€chsten Jahr jedem Versichertem 150 Euro rĂŒck erstatten.
Zum Zweiten muss sich der freischaffende Kreative ĂŒber seine Lebensperspektive klar werden. ZurĂŒck zu einer Eigenverantwortlichkeit. Ohne die augenwischende KSK und ihr Versprechen auf Absicherung, muss er seine Honorarforderung soweit gestalten, das fĂŒr die Rente etwas ĂŒbrig bleibt.
Aber wie wird das erreicht? Honorar verdoppeln? Kaum durch zu setzten.
Ein befreundeter Fotograf hat vor kurzem seine Preise gesenkt, um die Kunden zu halten, der er schon seit Jahren betreut. Das ist der Trend.
Orchestermusiker verzichten auf 15% ihres Gehalts, dass das Orchester bestehen bleibt. Und so weiter.
Ein verordnetes Regelwerk fĂŒr z.B. Bildrechtshonorare gibt es teils, aber keiner ist dazu verpflichtet. Pennystocks werden auch in Zukunft alle unterbieten.
Eine gute Idee wÀre die stÀrkere Einbindung der Gema und der VG-Bild. Hier sammeln sich grössere Mengen Geldes an, und aus diesen Töpfen kann auch ein Vorschuss auf die Zukunft gezahlt werden.
Viel Leistung unserer Arbeit wird erst in Zukunft gewĂŒrdigt werden. Als Kulturgut welches selbstverstĂ€ndlich vereinnahmt wird. Museen, Kunstsammler und Archive leben davon. Nicht der Autor.
Der Autor wird sich die bezahlte Arbeit zusammen suchen mĂŒssen. In Zukunft mehr als jetzt noch. Eine wichtiges Thema war und ist noch der soziale Brennpunkt. Da muss er nicht mehr weit. Das können dann Selbstportraits werden.
Max Schulz im September 2013