Der Gasometer in Oberhausen war bis 1988 der größte Scheibengasbehälter Europas. Dann stand er auf Abriss und konnte nur durch eine starke Bürgerbewegung und schließlich durch die IBA Emscherpark erhalten werden. Er ist heute nicht nur eines der industriekulturellen Wahrzeichen des Ruhrgebiets sondern sicher auch seine spektakulärste und schönste Ausstellungshalle – zumindest nachdem man ihn betreten hat. Mit der Ausstellung „Feuer und Flamme“ 1994/95 und nicht zuletzt mit der Installation „The Wall“ von Christo und Jean Claude erfuhr der Gasometer seine Umwandlung und ist seither mit jährlich wechselnden Ausstellungen immer wieder neu und immer wieder anders bespielt worden.
Und immer wieder waren auch Fotoarbeiten, ausgewählt und inszeniert durch Peter Pachnicke, dem ehemaligen kuratorischen Leiter der Oberhausener Ludwiggalerie Schloss Oberhausen, Teil oder Mittelpunkt der Ausstellungen. Aktuell zu sehen: „Wunder der Natur“ eine Fotoausstellung, die nicht nur die schönsten und spektakulärsten Bilder der Natur und ihrer Lebewesen zeigt, sondern gleichsam Respekt und Engagement für die Vielfältigkeit der Schöpfung erzeugt – von den Makroaufnahmen eines Eis des weniger als 1 mm großen Bärtierchens bis hin zu Flugschwärmen über der Erde, von Geheimnissen der Tiefsee bis zu menschähnlichen Porträts von Affen.
Die Welt ist schön und die Tierfotografie, die oftmals in der Kunstwelt der Fotografie stiefmütterlich vernachlässigt wird, ist das Brennglas, um diese Welt so zu sehen. Viele der Fotografen, wenn man mal von Manfred Kage, dem Kulturpreisträger der DGPh 2012 und dem unter anderem mit dem Dr. Erich Salomon Preis dekorierten Künstlerpaar Heidi und Hans-Jürgen Koch sowie dem Pixelprojektfotografen Thomas Wolf absieht, sind mir leider bisher noch nicht bekannt gewesen. Doch die Arbeiten sind fantastisch und entwickeln die Bildwelten von Karl Blossfeld oder auch Aufnahmen wie die der Bildikone des Natternkopfes von Renger-Patzsch weiter.
Einer dieser neu entdeckten Fotografen ist Klaus Nigge aus Lünen. Klaus Nigge ist von seiner Ausbildung Diplom Biologe und hat auch Kunst und Philosophie studiert. Seit 1995 ist er Profifotograf und lebt von seinen Bildern. Seine Fotografenkarriere begann mit einer Reportage über den Riesenseeadler, dem größten Adler der Welt, der überaschenderweise zuvor noch niemals fotografiert wurde. Das lag vor allem daran, dass sich der Lebensraum dieser Adlerart in einem militärischen Sperrgebiet der damals in Auflösung befindlichen Sowjetunion befand. National Geographic übernahm die Serie mit Kusshand und der weitere berufliche Werdegang war besiegelt.
Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen gilt er als „langsamer“ Fotograf. Für eine Tierart nimmt er sich zumeist ein ganzes Jahr Zeit, um diese Art in allen ihren Lebensphasen zu beobachten und die richtigen Bilder zu finden. Bei der Auswahl „seiner Tiere“ konzentriert sich Klaus Nigge auf besondere Arten und oftmals auf Arten, die vom Aussterben bedroht sind. So steht z.B. der Phillipinenadler, den Nigge lange Zeit fotografiert hat, für ein gesamtes bedrohtes Ökosystem. Überzeugen will er durch Schönheit und die Magazine sind für ihn dabei der Resonanzkörper, um die Bilder zur Wirkung zu bringen. „Beauty is Power – Ein Foto geht direkt durchs Rückenmark und bewirkt viel viel mehr als Texte und Inhalte“ sagt Klaus Nigge zu seiner Fotografie.
Am 9. Juni wird Klaus Nigge einen Lichtbildvortrag zu seiner Arbeit und den „Expeditionen“ zu drei Tierarten, den Flamingos in Mexiko, den Saiga-Antilopen in der kasachischen Steppe und schließlich den im tropischen Regenwald lebenden Philippinenadlern halten. Neben den schönen Bildern die man sieht, erfährt man aber auch über die Arbeit eines Tierfotografen, von deren besonderen Herausforderungen und Organisationsansprüchen, aber auch von den Glücksmomenten, wenn man schließlich die Bilder „im Kasten“ hat.
Der Vortrag beginnt um 19:30 und kostet 15,- Euro. Man kann aber schon eine Stunde eher kommen, um die wunderbare Ausstellung zu sehen, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Und wer noch nie im Gasometer Oberhausen war, sollte unbedingt mit dem Glasaufzug zum Panoramadach fahren. Ein Erlebnis der besonderen Art!
Infos unter: http://www.gasometer.de/de/aktuelles
Text und Fotos: Peter Liedtke